: Giordano und die Folgen
Die Aufregung um die Verleihung des Friedenspreises der Villa Ichon eskaliert: Nachdem Ralph Giordano am Samstag in der taz für den umstrittenen Preisträger Martin Rooney Partei ergriffen hatte, reagieren jetzt Klaus Hübotter und Heinrich Hannover
taz ■ Sie sind irritiert, gekränkt, vielleicht auch verletzt: Ralph Giordanos Protest gegen die Initiatoren des Kultur- und Friedenspreises der Villa Ichon, die dem diesjährigen Preisträger und Giordano-Freund Martin Rooney zwar das Preisgeld zugestehen, eine Feier aber verweigern, hat getroffen. Heinrich Hannover, Preisträger des Jahres 1987 und Kritiker Rooneys, sowie Klaus Hübotter vom Vorstand der Villa Ichon, haben Ralph Giordano geantwortet (siehe Kästen).
Das ist geschehen: Ende vergangenen Jahres hatten die Freunde und Förderer der Villa Ichon beschlossen, dem in Bremen lebenden britischen Germanisten Martin Rooney den Friedenspreis zu verleihen – für seine Arbeiten über die Unterdrückung Armeniens. Dann hatte Rooney die Bremer Friedensbewegung massiv angegriffen. In Leserbriefen beschuldigt er die Demonstranten eines „hyperemotionalen Amerikanismus“, einer „völligen inneren Beziehungslosigkeit zu Israel“ und der „Überheblichkeit und Ignoranz“ . Später setzte er noch eins drauf: Er wirft den Initiatoren der Bremer Friedensdemo vom 8.2. – dem Friedensforum um Ekkehard Lentz – kommunistische Hintergründe vor, weil die von Lentz einst angeführte Deutsche Friedensunion (DFU) zu großen Teilen von der DDR finanziert wurde. Ralph Giordano wirft dann (siehe taz vom 1./2.3.) Rooney-Kritiker Hannover in denselben Topf und beschuldigt die Leute von der Villa Ichon, sie wollten einen „Frieden um jeden Preis“, der eine „Zementierung von Gewaltherrschaft“ bedeute – für Giordano dieselbe Strategie, die einst die Alliierten mit ihrer Beschwichtigungspolitik gegenüber Hitler gefahren seien. Damit wirft er der Villa Ichon indirekt Ignoranz gegenüber der Bedrohung Israels vor.
Nicht der Kommunismus-Vorwurf, sondern die Diffamierung der Friedensdemonstranten sei es gewesen, die den Vorstand der Villa Ichon zu ihrer Absage einer öffentlichen Feier für Rooney gebracht habe, erklärt Klaus Hübotter, „übrigens einstimmig.“
Martin Rooney wittert derweil „einen Mangel an demokratischer Streitkultur“, man ertrage seine Meinung offenbar nicht. „Ich halte das sehr wohl aus“, entgegnet darauf Hübotter, „man kann bloß nicht verlangen, dass die Leute, die den Preis erfunden haben, diesem Mann auch noch eine Laudatio halten.“ Der Preis sei vergeben – „man kann das eine nicht wieder gut zu machende Fehlentscheidung nennen“ – und dabei bleibe es, auch dabei, dass Rooney das Preisgeld bekomme, „er gehört ja nicht zu den Reichsten.“
Darin könnte auch der Grund liegen, so wird vermutet, dass Rooney den Preis nicht zurückgibt. Martin Rooney indes betont, mit seiner Kritik an der Friedensdemo habe er vor allem das Friedensforum um Ekkehard Lentz gemeint. „Dass die in der Villa Ichon lokalisiert sind, habe ich erst vor kurzem erfahren.“
Darüber nun kann Ekkehard Lentz nur lachen. „Seit über zwölf Jahren hat das Forum seinen Sitz in der Villa“, sagt er, „da genügt ein Blick auf Türschilder.“ Zur einstigen DDR-Stütze für die DFU sagt Lentz: „Jeder hat eine Vergangenheit. Ich bin damit immer offen umgegangen.“ Ihn deshalb des Antiamerikanismus oder gar Antisemitismus zu beschuldigen, sei „völlig absurd.“ Lentz findet, das Geld für Rooney sei „rausgeworfen“.
Helmut Hafner, Kultur- und Friedenspreisträger des Jahres 1996 und Gründer der deutsch-israelischen Gesellschaft, mag sich zur Person Rooney nicht äußern. Aber er betont, dass die Villa Ichon sich „wie keine andere Institution für die Existenz des Staates Israel eingesetzt hat. Der Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus gehört dort zum Kernprogramm.“
Am 29. März soll nun doch in der Villa Ichon diskutiert werden: mit Martin Rooney und dem Vorstand der Freunde und Förderer. sgi