: Gewaltphantasien junger Männer –betr.: „Krieg zwischen den Generationen“ von David Fischer-Kerli, taz vom 1. 3. 99
Er ist schon häufig und mit Inbrunst ausgerufen worden, der „Krieg zwischen den Generationen“. Daß er noch nicht ausgebrochen ist, scheint immer wieder die Aufmerksamkeit, ja geradezu den Zorn von, wenn ich nicht irre, selbsternannten Vertretern der jüngeren Generationen zu provozieren. Denn diese Generationen sind es, so die Mär, die so klammheimlich wie unwiderruflich zum Sturm auf „die Alten“ rüsten. Tun sie aber nicht.
Auch der taz-Autor registriert das. Will es aber nicht wahrhaben. Immerhin meint er zwei Kriegsgründe gefunden zu haben. 1. die Unverschämtheit, „daß das hart verdiente Geld (der Jüngeren?) umgehend von jemand anders (den Älteren?) zum Urlaub auf Mallorca verwendet wird“. Und 2. „die physischen Attacken älterer Damen in der Straßenbahn“ (gegen die Jüngeren?). Ist das nicht ein bißchen wenig Kriegsbegeisterung oder gar –hysterie? Ich denke schon, und unser Autor spürt's wohl auch. Wenn schon keine Leidenschaft für ein echtes Landserleben in der Rentenfehde unter den jungen Männern seiner Generation auszumachen ist, was dann?
David Fischer-Kerli sucht und ist gleich doppelt fündig geworden: eine satirische (!) Bemerkung von Kasseler Studenten betreffend Maschinengewehre zum „Wegpusten“ von Alten sowie einen Film, in dem zwecks „Verminderung“ die Alten „auf das ,Todeskarussell' geschickt“ werden, hat er entdeckt und der Leserschaft präsentiert. Ansonsten – und das registriere ich mit Interesse – läßt er seinen Gewalt- phantasien freien Lauf.
Die Vorbereitungen zum Krieg „laufen“, gibt er bekannt. Oder: der „Ausbruch politischer und physischer Kämpfe (ist) nur noch eine Frage der Zeit“. Ja, unser Kriegsreporter Fischer-Kerli hat die Startpistole schon in der Hand: „Der große Krach kann losgehen!“ Kurz und gut, ich fände es spannender, Kommentare über die Gewaltphantasien junger Männer betr. „Generationen-Krieg“ zu verfassen.
Ein anderes Beispiel dazu fand ich übrigens in der gleichen taz (1.3.99) auf der Seite „Flimmern und Rauschen“, Rubrik „Standbild“. Die Teilnehmer an einem „Schlager“-Event auf RTL, gab da Michael Rudolf zum Besten, seien mit Handgranaten und Beruhigungsmitteln in Stahlbeton zu „sarkophagisieren“. Wenn das kein Thema ist. Johannes Winter, Frankfurt am Main
Die jüngeren unter uns sollten aufpassen, wer den Generationenkonflikt im Eigeninteresse zu schüren versucht. Es sind die, denen die Sozialversicherung Kundschaft vorenthält: die Fondsbetreiber und Privatversicherer.
Wer heute bei uns 30 oder jünger ist, wird auch mal 60 und will dann einen angemessenen Anteil am Sozialprodukt. Diesen Anteil können sich die sichern, die durch Sparen Vermögen bilden und dabei Immobilien, Aktien, Fondsanteile, Lebensversicherungsansprüche erwerben. Damit es reicht bis ins hohe Alter, sind beträchtliche Verdienstanteile dafür abzuweigen. Wer heute jung selbständig wird, weiß Bescheid und macht sich Sorgen. Den Besserverdienenden, die sozialversicherungspflichtig sind, legt die Rentendiskussion nahe, sich die gleichen Sorgen zu machen. Der Ausstieg aus der Sozialversicherung würde davon befreien, für schlechter verdienende und unstetige Lebensläufe gewisse Anteile mitzufinanzieren. Die private Vorsorge für den Fall, selbst einmal weniger oder gar nichts zu verdienen, bliebe allerdings schwierig. Geht die Sozialversicherung kaputt, was viele auch mit der Rede über den Generationenkonflitk herbeireden, wäre die staatliche Hilfe für den Lebensunterhalt beträchtlich zu erweitern. Wie solidarisch würden sich die SteuerzahlerInnen zeigen?
Die Mittel für Vorsorge und sozialen Ausgleich sind in jedem Falle – ob mit oder ohne Sozialversicherung – von den Erwerbseinkommen abzuziehen, bevor an den privaten Konsum zu denken ist. Da die Produktivität wahrscheinlich weiter so steigt, wie sie im vergangenen halben Jahrhundert gestiegen ist, reicht das Sozialprodukt bei uns fraglos für alt und jung, auch wenn es beträchtlich weniger Erwerbstätige gibt und deren Konsumanteil sinkt. Dietrich Jahn, Hannover
Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor. Die auf dieser Seite erscheinenden LeserInnenbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der taz wieder.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen