: Gesundheitsamt ohne Kopf & Konzept
■ CDU: Während Mitarbeiter im Gesundheitsamt sich „kaputtschuften“, stillt Amtsleitung privaten Bildungshunger / Senat baut Stellen ab, Gesundheitssenatorin noch ohne Konzept
Der Leiter des Bremer Hauptgesundheitsamtes (HGA), Dr. Zenker, ist ein Jahr in Kalifornien und läßt sich dort zum „master of public health“ fortbilden. Der Leiter der kinder und jugendärztlichen Abteilung, Dr. Zimmermann, absolviert gerade eine einjährige Fortbildung zum Amtsarzt. Einen Zahnarzt für den schulzahnärztlichen Dienst gibt es nicht. Dafür bildet sich der Leiter der Sozialpsychiatrischen Dienste im HGA, Dr. Kebbel, gerade zum Neurologen fort und verbringt deshalb nur 10 Stunden pro Woche an seinem Arbeitsplatz. Der Leiter der „Tuberkolose- und Krebsberatung“, Dr. Hilbert, schließlich hat die Betreuung des Weltgesundheits-Projektes „Healthy Cities“ übernommen und kann sich deshalb nur noch mit halber Kraft um Krebsvorsorge kümmern.
Karin Stieringer, seit einem
halben Jahr gesundheitspolitische Sprecherin der Bremer CDU, paßt der plötzliche Bildungshunger von leitenden Bremer Amtsärzten überhaupt nicht. Denn, so Stieringers Eindruck nach einer Reihe von Gesprächen mit MitarbeiterInnen des HGA: „Während die Mitarbeiter unten rund um die Uhr schuften, beraten und untersuchen, liegt der Behördenleitung oben vor allem das eigene Fortkommen am Herz. Das ganze Amt arbeitet völlig kopf- und konzeptionlos.“ Ein Konzept für die Zukunft des HGA müßte aber dringend her, mahnt Stieringer bislang unerledigte Hausarbeiten von Bremens Gesundheitssenatorin, Vera Rüdiger, an. Denn: Bis spätestens 1995 soll nach Beschlüssen des Bremer Senats jede dritte der bislang noch 210 Stellen im HGA gestrichen werden, ohne daß die Mitarbeiter bislang wüß
ten, wen es am Ende treffen wird. Im Gespräch sind der zahnärztliche Dienst, die Beratungsstelle für Haut- und Geschlechtskrankheiten und die Ernährungsberatung. Die Eheberatungsstelle ist seit 1. Januar geschlossen.
„Alles noch ungelegte Eier“, war gestern von einer Sprecherin der Gesundheitssenatorin zu den Schließungsgerüchten zu erfahren. Bis zum Jahresende will die Senatorin ein neues Organisationsmodell für das HGA entwerfen. Alle bisherigen Senatspapiere hätten allenfalls den Charakter von „Diskussionsvorschlägen“. Rätselhaft findet man in der Behörde auch die Aufregung der CDU über den weiterbildnerischen Eifer in der Amtsleitung des HGA: „Alles lange abgesprochen, rechtzeitig genehmigt und am Ende für uns alle nützlich.!“
K.S.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen