piwik no script img

Gesundheitsamt ohne Humangenetik

■ Neugegründete Ethikkommission bis auf weiteres vertagt

Mindestens die kommenden zwei Jahre bleibt die Humangenetische Beratungsstelle des Hauptgesundheitsamtes (HGA) geschlossen. Nachdem die Leiterin weggezogen ist und drei Mitarbeiterinnen in Mutterschaftsurlaub oder in Rente gegangen sind, bleiben ihre Posten aufgrund des vom Senat verfügten Einstellungsstopps unbesetzt.

Eine Entscheidung, die im Widerspruch steht zu dem soeben in Kraft getretenen Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst. In Paragraph 15 verpflichtet sich das HGA, für das Land Bremen die humangenetische Beratung in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen anzubieten, genauer: eine „humangenetische Beratung, die auch psychosoziale Aspekte umfassen soll“. Diese aber gibt es fortan nicht mehr, denn eine psychosoziale Beratung findet im Zentrum für Humangenetik und genetische Beratung der Universität Bremen (ZHB) nicht statt, bedauert Professor Erwin Schloot, Leiter des ZHB.

Eine psychosoziale Betreung bietet nur Cara, die Beratungsstelle zur vorgeburtlichen Diagnostik. Der Verein aber hat, im Gegensatz zu der eng an die Forschung gebundenen universitären Einrichtung, eine grundsätzliche kritische Einstellung gegenüber den Instrumentarien der Humangenetik.

Das HGA hatte mit seiner 1989 gegründeten Beratungsstelle eine Position zwischen diesen beiden Ansätzen bezogen. Mit dem Wegfall dieser Einrichtung droht auch die beratende Kommission arbeitsunfähig zu werden, die eigens 1993 von der Gesundheitssenatorin eingerichtet worden war, um eine Kooperation zwischen den Einrichtungen zu gewährleisten und Transparenz in die jeweiligen Aktivitäten zu bringen.

Die Kommission ist mit vier ProfessorInnen besetzt, von denen zwei der Uni angehören, weiterhin zwei VertreterInnen der Ärztekammer, sowie je einer VertreterIn der Behindertenverbände, der Frauengruppen, der Kirchen, der Deputation für Wissenschaft und Kunst und der Depuation für Gesundheit an. Im Januar diesen Jahres tagte die Kommission erstmalig, ihre für Montag geplante Sitzung wurde bis auf weiteres vertagt.

Die Kommission wird weiter arbeiten, versichert indes Holger Bruns-Kösters, Sprecher der Gesundheitsbehörde. Eine Wiederbesetzung der Humangenetischen Beratungsstelle im HGA aber sei „wegen der aktuellen Spardiskussion“ nicht möglich“. Nach Einschätzung von Cara reicht die Versorgung an humangenetischer Beratung in Bremen trotzdem aus. Professor Schloot dagegen: „Der Bedarf war noch nie gedeckt“. dah

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen