: Gesucht: Cleverness
Nach der Viertelfinalniederlage gegen Spanien weinen die deutschen Handballer – und werden doch gelobt
SYDNEY taz ■ Markus Baur lag auf dem Rücken und starrte ins Nichts. Christian Schwarzer hatte sich ein Handtuch über den Kopf gestülpt, neben ihm weinte Frank von Behren hemmungslos. Nur Bundestrainer Heiner Brand, selbst blass im Gesicht, lief von einem zum anderen und versuchte, seinen Handballern Trost zu spenden.
Mit 26:27 verlor die deutsche Mannschaft gestern das Viertelfinale gegen Spanien, und dabei hatte sie eindreiviertel Minuten vor Schluss wie der Sieger ausgesehen. 26:25 führte man und durfte mit einem Mann mehr zu Ende spielen, weil Masip zwei Minuten raus musste. Doch dann ereigneten sich Fehler, die Brand später zwar als „Kleinigkeiten“ bezeichnete, aber eben als „Kleinigkeiten, die ein Spiel auf solch hohem Niveau entscheiden“.
Die deutschen Handballer fanden die Sprache nicht mehr an diesem Abend. Nur Klaus-Dieter Petersen: Der Kapitän musste zur Pressekonferenz und nannte die nun anstehenden Partien um die Ränge fünf bis acht „absoluten Schwachsinn“. Der Kieler bezweifelte, „dass sich die Mannschaft noch einmal aufraffen kann“. Man müsse nur einen Blick in die Kabine werfen, „da sitzen zwölf Männer und heulen; wir sind zwar Profis, aber keine Maschinen“.
Ziel war die Halbfinal-Teilnahme mit Aussicht auf eine Medaille. Besonders übel aber ist der Tiefschlag, weil Brands Mannschaft bis zum letzten Vorrundenspiel gegen Ägypten überzeugt hatte. Jugoslawien besiegt, Russland besiegt, „da haben wir gezeigt“, so der Bundestrainer, „dass wir mit der Weltspitze mithalten können und in einigen Punkten sogar besser sind“ – doch dann die Schlappe gegen die Afrikaner. Der Blackout kostete den Gruppensieg und bescherte im Viertelfinale Geheimfavorit Spanien statt der schwächeren Slowenen.
Trotzdem: DHB-Präsident Ulrich Strombach teilte mit, „eine solche starke Leistung habe ich von einer deutschen Mannschaft in den letzten zehn Jahren nicht gesehen“. Das ist wahr. Wahr ist aber auch: Konzentrationsfähigkeit, Ruhe und Cleverness – solche Kleinigkeiten gilt es zu verbessern. RALF MITTMANN
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