: Gestreichelt und gepeitscht
■ John McLaughlins Trio „The Free Spirits“ begeisterte auf Kampnagel
Ohne Umschweife, gerade so, als würde sie gejagt, legte die neue Band um die Lichtgestalt des Gitarrenspiels am Mittwoch in der Kampnagel-Halle 6 los. Treibende Grooves, collagierte Gitarrenfetzen aus verschiedenen stilistischen Sphären des Jazz, und eine Schlagzeug-Performance, wie man sie derzeit nur von einem Musiker hört und sieht: Dennis Chambers - Naturtalent, Kraftpaket und Filigranarbeiter an Snare, Becken und Trommeln.
In atemberaubender Geschwindigkeit werden die komplexen, überrraschend folkloristischen Melodielinien vorgetragen. Ungewöhnliche Breaks und artistisch ausgearbeitete Übergänge verdeutlichen besonders die Feinabstimmung zwischen Schlagzeug und Gitarre. Daß diese Band alles kann und sogar noch mehr, liegt auch an der spürbar freundschaftlichen Zugeneigtheit der Musiker untereinander.
Der von Miles Davis selig entdeckte Joey DeFrancesco brilliert mit seinem an Bläsersätzen und Gitarrensoli orientierten Spiel auf Orgel und Trompete.
Chambers spielt das Schlagwerk so kraftvoll und phantasiereich, daß man meint, er selbst sei ganz Schlagzeug. Der Meister selbst, John McLaughlin, strahlt Spiellaune und Musizierlust aus wie eh und je: Schnell, sauber, perfekt, brillant sein technisches Vermögen und seine Einfühlung zwischen Blues, Rock und Jazz, und jedes Stück unterlegt mit verführerischen Klang-Teppichen.
Aber die Perfektion kann auch zum Publikums-Killer werden: Wenn die Musiker schneller spielen als es zuhören und folgen kann. Im Gegensatz zu ihrem legendären, letztjährigen Jazzport-Auftritt war dieser Abend der Technik, Geschwindigkeit und Perfektion gewidmet, und er gehörte diesmal Dennis Chambers. Seien wir gespannt was die Freigeister beim nächstenmal, dann hoffentlich vor ausverkauften Haus, intonieren.
Gunnar F. Gerlach
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen