: Gestandene Mannsbilder
■ betr.: „Männer – hart, gefühlsarm, gewalttätig“, taz vom 30.1. 98
In dem Artikel werden sämtliche Klischees über jedweden „deutschen“ – was immer das in diesem Zusammenhang auch bedeuten mag – Mann bedient. Emanzipatorisch ist das nicht per se, es sei denn, man/frau betrachtet das (Frauen)arbeitsplätze – erwähnt sind unter anderem Frauenhäuser, soziale Dienste, Krankenhauspersonal, Verwaltungen und Versicherungen – beschaffende männliche Gebaren als Möglichkeit, mehr Frauen in Erwerbsarbeit zu bringen, um damit Gleichberechtigung zu fördern.
Für die persönliche Entwicklung von Frauen und Männern sind ressourcenorientierte Sicht- und Herangehensweisen integrierend, konstruktiv und ermöglichen „gleichberechtigte Partnerschaft, von der alle profitieren werden“ – wie Frau Nolte fordert.
Seit 17 Jahren moderiere ich Männergruppen in Köln und treffe dort nicht auf „bestimmte Männer“ der am Ende aufgezählten Alters- und Berufsgruppen, sondern auf gestandene Mannsbilder aus Verwaltung, Technik, Wirtschaft, Kunst und Dienstleistung, die sich in sich und ihrem Umfeld entwickeln wollen und dabei Lebensqualität und Kommunikationsfähigkeit gewinnen. Ob Autarkie (Selbstgenügsamkeit bzw. Versorgung des Eigenbedarfes durch Eigenerzeugung), wie angeblich in der Studie belegt, emanzipiert, halte ich für fragwürdig. Rolf Schreyer,
Bergisch Gladbach
Daß Frau Nolte so früh erkennt, daß Gleichberechtigung nicht nur ein Thema ist, was hauptsächlich Frauen angeht, finde ich schon sehr erstaunlich. Wenn man ihre Politik betrachtet, ist sie damit schon fast innovativ. Nur leider kommt diese Einsicht etwas zu spät, wenn man bedenkt, daß die Emanzipation der Frau gesellschaftspolitisch schon vor etwa 100 Jahren begonnen hat. Der typische Mann, den Herr Denkler in seinem Artikel beschreibt, unterscheidet sich nicht sehr viel von dem Mann von vor hundert Jahren.
Die Männer haben ihre eigene Emanzipation verpaßt und versuchen nun teilweise, diesen Rückstand aufzuholen und müssen feststellen, daß sie dabei kläglich scheitern. Die Politik der letzten Jahre hat keinerlei Möglichkeiten gebracht, daß der Mann sich aus seiner traditionellen Rolle lösen kann, denn dazu ist die Emanzipation der Frau noch nicht weit genug. Ich finde es ein Unding, daß einer Frau bei einem Vorstellungsgespräch immer noch die Frage gestellt wird, wie es mit ihrer Familienplanung aussieht, und daß bei einem Mann noch nicht einmal im Entferntesten darüber nachgedacht wird, ob er sich nicht Gedanken darüber macht, eventuell Erziehungsurlaub zu nehmen. [...]
Was mich allerdings wirklich aufregt ist, daß der Prototyp eines emanzipierten Mannes nicht der kleine Facharbeiter ist, der bis zu 50 Stunden in der Woche arbeitet, um seine Familie über die Runden zu bekommen, weil in Deutschland harte Arbeit sich nicht mehr auszahlt (schon gar nicht auf dem Lohnzettel), nein es wird wieder von dem Akademiker gesprochen, der ein gutes Auskommen hat und sozial engagiert ist. Daß der kleine Arbeitnehmer gar keine Chance hat, da mitzuziehen, liegt ja wohl auf der Hand. Sollte sich allerdings dieser Trend behaupten, wird nicht nur der soziale Graben immer tiefer, sondern auch der Klassenunterschied zwischen emanzipiertem klugen Mann und traditionellem Dummkopf, der noch nicht mal Zeit dazu hat, sich Gedanken über die Sache zu machen. [...] Timo Gorf, Mannheim
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