: Geständnis widerrufen
■ Der Hauptverdächtige im Mordfall Eleonore Faßbender belastet Mohamad Ataie nicht mehr
Der 33jährige Hauptverdächtige im Mordfall der Eleonore Faßbender hat sein Geständnis widerrufen: Nicht sein Bekannter, Mohamad Ataie, habe die Frau vor zwei Wochen am Weserufer mit 25 Messerstichen ermordet, sondern er selbst. Von dieser Wende berichtete gestern die Bremer Staatsanwaltschaft. Dennoch will die Staatsanwaltschaft vorerst keinen Antrag auf Aussetzung der Haftbefehle gegen die des gemeinschaftlichen Mordes Beschuldigten stellen. Noch in dieser Woche wird das Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung der Tatwaffe erwartet.
Der Afghane Ataie war erst Ende März vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Die für die vorzeitige Entlassung Zuständigen hatten im März laut Staatsanwalt Repmann keinen Zweifel daran gehabt, daß Ataie mit der „Sache durch sei“. Der 29jährige war verurteilt worden zu vier Jahren und neun Monaten, weil er 1991 im Bürgerpark seine nepalesische Frau Nirmala Ataie mit 17 Messerstichen getötet hatte. Sie war vor ihm ins Frauenhaus geflüchtet. Verurteilt wurde er nicht wegen Mordes, sondern wegen Totschlags. Und die Höchststrafe für Totschlag liegt bei fünf Jahren, erklärte jetzt gegenüber der taz die Journalistin Barbara Debus, die damals einen preisgekrönten Film über das Schicksal der Nirmala Ataie gedreht hatte. Ein vorsätzlicher Mord habe dem Mann nicht nachgewiesen werden könne, außerdem gelte er wegen einer von einem Unfall stammenden Platte im Gehirn als leicht erregbar.
Während weiterhin für Mohamad Ataie die Unschuldsvermutung gilt, erst recht nach dem abgeänderten Geständnis seines deutschen Freundes, bezeichnet das Bremer Frauenhaus den Mann bereits als Mörder. In einer Presserklärung will das Frauenhaus daran erinnern, daß während der Gerichtsverhandlung im Fall der ermordeten Nirmala Ataie der Mord überwiegend auf das Schicksal zweiter Menschen aus unterschiedlichen Kulturen reduziert worden sei. „Patriarchale Gewalt wird als ,kulturelles Problem' dargestellt – und somit verwischt.“ Allzu oft, so das Bremer Frauenhaus weiter, würden Beziehungsdramen mit tödlichem Ausgang mit der Fremdheit der Kulturen erklärt. Oder, im Fall von deutschen Paaren, mit „schweren Kindheitstraumata“. Wie überhaupt Gewalt gegen Frauen als Folge individueller Schicksale dargestellt werde. Das sei ein perfekter gesetzlicher Täterschutz. cis
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