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Gespür für Zusammenspiel

Typisch australischer Eklektizismus? Zum siebten Mal bereisen „Naked Raven“ aus Melbourne mit ihrem bemerkenswerten Kammer-Pop europäische Bühnen – am Donnerstag gastiert das Quintett im Logo

Ihre Mischung aus eingängigem, melodischem Folkpop und Arrangements mit klassischen Instrumenten ist ziemlich einmalig, zumindest scheint das deutsche Publikum das so zu sehen. Seit 1996 hat sich das Quintett aus Melbourne auch hierzulande einen festen Anhängerkreis erspielt und kehrt nun mit neuem Album und veränderter Besetzung zum immerhin bereits siebten Mal auf die Bühnen der Clubs und Sommerfestivals zurück. taz hamburg sprach mit Russ Pinney, Gitarrist und Songschreiber von Naked Raven.

taz hamburg: Der Mix von Popgitarre, Violine und Cello ist das herausragende Merkmal eurer Musik. Ist das in eurer Heimatstadt eine Ausnahme – oder typisch?

Russ Pinney: In Melbourne gibt es eine sehr kreative Szene, die vor allem von der besten Musikhochschule Australiens bestimmt wird. Die klassischen Studenten sind auch anderen Musikstilen ausgesetzt, üben sich in Jazz und Improvisation. Daraus resultiert eine Offenheit, die auch damit zusammenhängt, daß Australiens Musikszene so klein ist und man sich auf verschiedenen Terrains auskennen muss. Eine Mischung aus Klassik und Pop ist also bei uns nichts Besonderes.

Gibt es eine Konkurrenz zur Musikhauptstadt Sydney?

Konkurrenz ist das falsche Wort. Es ist so, dass wir einfach einen völlig anderen Charakter haben. Während die Leute in Sydney eher am Strand herumhängen, halten sich die Melbournians wegen des schlechteren Klimas viel mehr im häuslichen Umfeld auf, besonders im Winter, der sehr widerlich sein kann. Das ist natürlich einer kreativen, manchmal introspektiven Musikszene zuträglich. Wir haben außerdem das Glück, daß abseits vom Kommerz unsere lokal produzierten und nicht-kommerziell ausgerichteten Bands von zwei Abo-Radios unterstützt werden.

Wie würdest du euren Stil bezeichnen?

Ich fühle mich mit dem Wort „Chamber Pop“ am wohlsten, aus zweierlei Gründen: Zum einen benutzen wir Instrumente aus der klassischen Kammermusik, wie das Streichquartett, zum anderen verwenden wir eine enorme Sorgfalt auf die Arrangements, es ist wenig Improvisation im Spiel, wir setzen uns im Gegenteil sehr intensiv zusammen und diskutieren über die Struktur einzelner Parts der Songs. Dadurch versuchen wir, dem Talent jedes einzelnen Mitglieds Raum zu geben – und dieses Gespür fürs Zusammenspiel wird besonders vom deutschen Publikum sehr gut aufgenommen.

Du bist der einzige Musiker bei Naked Raven, der keine klassische Ausbildung durchlaufen hat. Wie kamst du zur Gitarre?

Ich bin eigentlich Autodidakt und trainierte mir meine Fähigkeit durch Imitationen an. Leo Kottke und sein Fingerpicking-Stil, später Mark Knopfler und Lindsey Buckingham von Fleetwood Mac waren meine Vorbilder. Mit zwanzig habe ich dann angefangen, eigene Songs zu schreiben und solo in Melbourne zu spielen. Naked Raven wurde dann zum Hauptvehikel für meine Songschreiberfähigkeiten.

Deinen Songs merkt man vor allem eine Vorliebe für schöne, leicht nachvollziehbare Melodien an – gibt es da Einflüsse aus der Folk- und Songwriter-Szene der Britischen Inseln?

Australien wurde ja in der Vergangenheit von einer enormen Zahl irischer Migranten bevölkert. Ich denke, dass das die Wurzel für die melodische Prägung unserer Popmusik ist, im Gegensatz zur Blues beeinflussten US-Musik, um das mal ganz grob darzustellen. Aber da die Welt heutzutage ein musikalischer Schmelztiegel geworden ist, hören unsere Bandmitglieder von HipHop bis zu Folk alles Mögliche, und das fließt unbewusst in unsere Arbeit ein.

Interview: Stefan Franzen

Donnerstag, 21 Uhr, Logo

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