: Gespaltene Fan-Perspektiven
■ Im Handball-Europapokal der Pokalsieger siegen beide Nordclubs und bereiten ihren Fans unterschiedliche Rückspiele
Es herrschte eine unangenehme Ruhe in der Hansehalle in Lübeck. Nur 900 Zuschauer erlebten die Premiere der SG Bad Schwartau-Lübeck im Europapokal der Pokalsieger gegen Besiktas Istanbul in der Lübecker Hansehalle. Statt den 32:23-Erfolg ihrer Mannschaft zu feiern, herrschte ungewohnte Stille. Den sonst fanatisch unterstützten Handballern aus der Türkei war die Verwunderung, hervorgerufen durch den niedrigen Geräuschpegel, anzumerken. „Vielleicht hat das die Türken noch mehr verunsichert“, redet SG-Manager Sascha Schlichte das Desinteresse der Lübecker am Handballsport schön.
Statt das mangelnde Zuschaueraufkommen als eine Kritik der Fanbasis auf die Tatsache des beschlossenen Umzugs der SG nach Hamburg zu werten, nutzt der Manager die geringe Zuschauerzahl zur Rechtfertigung der Umsiedlung. „Das Interesse zwischen Lübeck und Hamburg ist nicht annähernd zu vergleichen“, sagt Schlichte und verweist auf die guten Vorverkaufszahlen hinsichtlich des heute in Norderstedt stattfindenden Rückspiels (Moorbeckhalle, 19.30 Uhr). Die SG hatte Besiktas Istanbul das Rückspiel abgekauft, um die Resonanz der Hamburger Handballfans zu testen. Knapp 2000 Zuschauer werden erwartet, wenn das ungleiche Duell der Profi-Mannschaft der SG gegen die Amateure aus der Türkei fortgesetzt wird.
Weniger der sportliche Aspekt als das Werben in eigener Sache an dem neuen Standort steht bei dem heutigen Rückspiel im Vordergrund. Mit Uwe Seeler und Werner Hackmann sind zwei Prominete des Vereins eingeladen, unter dessen Namen die SG von der kommenden Saison an in der neuen Colorline-Arena, auflaufen will. Für den wahrscheinlichen Fall einer Qualifikation für die nächste Runde auf europäischer Bühne ist von seiten der SG allerdings kein weiterer Umzug geplant. „Der organisatorische Aufwand ist enorm“, sagt Schlichte. Auch den Fans gegenüber bestehe ein Versprechen, kein weiteres Europapokalspiel in Hamburg auszutragen, so der SG-Manager, der allerdings einräumt bei „Top-Spielen noch einmal darüber nachzudenken, so fern die Resonanz und Stimmung in Norderstedt stimmt.“
Ganz anders ist das Verhältnis zwischen den Fans und ihrer Mannschaft bei der SG Flensburg/Handewitt. Dort soll am kommenden Samstag vor dem Umzug in die neue Campus-Halle und dem wahrscheinlichen Einzug in die vierte Runde des Europapokals der Pokalsieger eine große Party gefeiert werden. Der Titelverteidiger gewann das Hinspiel gegen den österreichischen Vertreter Bärnbach-Köflach mit 33:20. „Die nächste Runde ist erreicht“, meinte Flensburg/Handewitt-Trainer Erik Veje Rasmussen bereits eine Woche bevor das Rückspiel als allerletzte Partie überhaupt unter dem Dach der Fördehalle abgepfiffen wird. Oke Göttlich
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