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Geschichts-Ausbeutung

„Restoration“ von Michael Hoffmann (Wettbewerb)  ■ Von Anke Westphal

London 1663: Cromwell ist tot, das englische Reich droht in Bürgerkriegen auseinanderzufallen. Um dies zu verhindern, krönt das Parlament Charles II. zum König, der elf Jahre im Exil zubrachte. Charles II. ist nicht nur groß, schlank und gutaussehend, er ist auch geistreich, elegant, väterlich und den Künsten und der Wissenschaft zugetan. Unter seiner Herrschaft beginnt das Goldene Zeitalter. Dies ist der Rahmen von „Restoration“, dessen Held Robert Merival (Robert Downey jr.) ist, ein sinnenfreudiger Arzt ohne große Neigung zum heilenden Dienst am Wohle der Gemeinschaft. Das mag aufwendig ausgedrückt sein, es gibt der geheimen Botschaft des Films jedoch unbarmherzig Kontur wie Playtex Zauberkreuz schlaffem Busen.

„Restoration“ eröffnet mit einer symbolischen Szene. Robert Merival darf als erster Mensch das offen liegende Herz eines Mannes berühren. Der Proband fühlt jedoch nichts dabei. Dieses Leid- Motiv ist tatsächlich das Leitmotiv des Films, der die Wandlung des englischen Simplicissimus vom eitlen, aber nicht völlig an den Glanz verlorenen Gecken zum Heiler und Aufklärer beschreibt. Merival verliert durch ungezähmtes Begehren allen irdischen Besitz und durch die Krankheiten, die er zu studieren ablehnt, seinen besten Freund. Die Frau, die ihn liebte (Meg Ryan ganz gut als Irrenanstaltsinsassin), stirbt bei der Geburt seines Kindes, welches Merival — als ob es nicht schon genug wäre — in den Wirren der großen Londoner Feuersbrunst aus den Augen verliert. Aber heulen Sie nicht zu früh, denn Merival kriegt alles wieder zurück — als er die nötige menschliche Reife erworben hat. Sprich: Alles ist eitel, Memento Mori, Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft und der eigenen Begabung kostet Opfer. Regisseur Michael Hoffmann hat gut vier Jahrhunderte Moralphilosophie in dieses Werk gequetscht und „Restoration“ damit zu einer farbenfrohen und doch belanglosen Illustration des Kommunitarismus gemacht. „Restoration“ übertreibt in manchen Szenen die Ausbeutung des vergangenen Zeitalters so sehr, daß es schon wieder lustig ist. Die Jahre vor der Pest sind, was unsere siebziger und achtziger waren, weswegen wir jetzt mit Aids geschlagen werden. Aber, Leute, „jedes Unglück hat seine Segnungen“. Der tolpatschige Merival erfindet auf dem bitteren Weg der Läuterung nebenbei noch Psychoanalyse und Tanz-Therapie. Leider kann ich Ihnen keine Details der mitunter kalauernden Dialoge verabreichen, weil der Kollege neben mir so laut schnarchte. Was ich auch wieder ungerecht fand, denn einen gewissen Show-Effekt hatte die Sache durchaus: hängende Därme in der Königlichen Anatomie, das brennende London und dann die vielen beuligen Pestopfer. Der Maske ein Ehren-Bär und Michael Hoffmann eins auf die Nase.

„Restoration“, GB 1995, 118 Min., Regie: Michael Hoffmann. Mit Robert Downey Jr., Meg Ryan

Heute um 15 Uhr im Royal Palast, 18.30 Uhr in der Urania, 22.30 Uhr im International

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