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Geschäftsreise nach Ankara

■ Mitterrand sprach über Militärhubschrauber, Autos und Schnellzüge/ Paris die neue starke Freundin

Berlin (taz) — Das Geschäft und nicht die Politik stand im Mittelpunkt, als Francois Mitterrand am Montag nach 24 Jahren als erster französischer Staatschef nach Ankara kam. Zwei Tage lang verhandelten er und seine rund 200 BegleiterInnen — darunter zahlreiche hochkarätige UnternehmerInnen — über Militärhubschrauber, Autos und Hochgeschwindigkeitszüge. Die jüngsten Angriffe der türkischen Armee auf kurdische Dörfer und Städte, bei denen zahlreiche ZivilistInnen ums Leben kamen, wurden nur am Rande erwähnt. In einem Fernsehinterview wählte der Gast rücksichtsvolle Worte. Er sei gegen einen Kurdenstaat und gegen den Terrorismus, sagte er, aber für die Menschenrechte und die kulturellen Rechte. Die GastgeberInnen wußten das zu honorieren: Nachdem sich die Bundesrepublik mit ihrer Türkei- Schelte in Mißkredit gebracht hat, wird jetzt Frankreich als neuer großer Freund des Landes in der EG bezeichnet.

Ankaras Trümpfe sind seine Ausschreibungen. So will das Land 250 Militärhubschrauber kaufen. Unter anderem bewerben sich die USA und die Bundesrepublik um den Milliardenauftrag. Nach dem gestern zu Ende gegangenen Besuch scheint Frankreich gute Aussichten auf den Zuschlag zu haben. Attraktiv ist auch die geplante Schnellbahnstrecke von Istanbul nach Ankara — Mitterrand brachte den französischen TGV ins Gespräch. Ein dritter großer Posten sind die Pläne von Renault und Peugeot, in Zonguldak Autos zu produzieren. Gemeinsame Interessen haben die beiden Ländern auch in der ehemaligen Sowjetunion. Frankreich möchte die guten türkischen Beziehungen dorthin nutzen, um selbst besser Fuß zu fassen. Umgekehrt baut die Türkei darauf, daß Mitterrand ihren Antrag auf EG- Mitgliedschaft in Brüssel unterstützen wird. Auch im Militärbereich vereinbarten die beiden Nato-PartnerInnen eine engere Zusammenarbeit: Künftig wollen sie regelmäßig die regionale und internationale Sicherheitspolitik bilateral konsultieren. Mitterrand verwies in diesem Zusammenhang auf die wichtige „friedensstabilisierende Rolle der Türkei in der Region“.

Auf jeden Fall, so resümierte gestern Staatspräsident Özal, werden „französische Firmen ihr Engagement in der Türkei weiter steigern“. Bereits jetzt sind rund 110 französische Firmen in dem Land aktiv — rund 6,7 Prozent der ausländischen Investitionen stammen aus Frankreich. Im Jahr 1991 betrug der Wert französischer Exporte in die Türkei 1,5 Milliarden Dollar, die Importe schlugen mit 900 Millionen Dollar zu Buche.

So gut wie jetzt waren die französisch-türkischen Verhältnisse nicht immer. Noch 1984 war Frankreich eines der fünf Länder, die die Türkei wegen Menschenrechtsverletzungen vom Europarat verurteilen lassen wollten. Auch wenn jene Initiative scheiterte — die „Eiszeit“ zwischen den beiden Ländern hielt noch an. Währenddessen bekräftigte die französische Regierung ihren Ruf, gute Beziehungen zu ArmenierInnen und KurdInnen zu pflegen. Um so heftiger waren jetzt die Reaktionen der beiden Exilgemeinden in Frankreich auf die Mitterrand-Reise. Armenische SprecherInnen nannten es einen Affront, daß Mitterrand ausgerechnet kurz vor dem Jahrestag des türkischen Massakers an den ArmenierInnen von 1915 reiste. Shewki, ein Mitarbeiter des Pariser Kurden- Instituts, meinte gegenüber der taz, der Mitterrand-Besuch sei eine „Ermutigung für die türkische Kurdenpolitik“. Dorothea Hahn

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