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Gericht mißachtet

■ Afghanen trotz Gerichtsurteils nach Tschechien zurückgeschoben

Berlin (taz) –Ist die Tschechische Republik ein „sicherer Drittstaat“ für eine afghanische Familie? Das Verwaltungsgericht Regensburg meinte nein und wies das Grenzschutzamt Schwandorf am 2. September an, eine heimlich über die Grenze gelangte Frau mit ihren drei minderjährigen Söhnen bis zu einer unanfechtbaren Asylentscheidung in das zuständige Aufnahmelager weiterzuleiten. Stattdessen wurde die Frau mit ihren Söhnen, wie die Flüchtlinghilfsorganisation Pro Asyl gestern kritisierte, noch am gleichen Tag nach Tschechien zurückgeschoben – auf Anweisung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge.

Ein neueres Urteil des Verwaltungsgerichts bezeichnet diesen Vorgang als „außerhalb des Erwartungshorizonts des Gerichts“ (AZ: RN 7 E 9331781) – ein vornehmer Ausdruck dafür, daß die Gerichtsentscheidung einfach mißachtet wurde. Pro-Asyl-Sprecher Herbert Leuninger verfügt nach seinen Angaben über Informationen, wonach das Bundesinnenministerium dem Vorgehen des formell nicht weisungsgebundenen Bundesamtes Rückendeckung gibt: „Offensichtich herrscht im BMI die panische Angst, daß das Kernstück des neuen Asylrechts, die Festlegung sogenannter sicherer Drittstaten, in Frage gestellt wird.“ Der Anwalt der Familie will die Wiedereinreise durchsetzen.

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