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Gerald AsamoahCouragierter Chefankläger

Auf dem Fußballplatz wird gern geschmäht und geschimpft. "Schwarzes Schwein" allerdings ist keine Lapalie, wenn nicht der Schiri gemeint ist. So was lässt sich Asamoah nicht gefallen.

Aufrechter Fußballer: Asamoah. Bild: dpa

Auf deutschen Fußballplätzen wird viel beleidigt, geschimpft und geschmäht. Das hat Tradition. Gilt ein dem Gegner ins Gesicht geschleudertes "Arschloch" oder "Penner" fast schon als Liebkosung, so verhält es sich mit "Schwarzes Schwein" schon etwas anders - sofern nicht der Schiedsrichter gemeint ist, sondern ein Fußballer mit schwarzer Hautfarbe. Gerald Asamoah, der wuchtige Offensive des FC Schalke 04, ist schwarz, und er ist nach eigener Aussage vom Dortmunder Torhüter Roman Weidenfeller als dunkelfarbiges Nutztier beschimpft worden. Beide waren im Spiel der Schalker gegen den Lokalrivalen BVB aneinandergeraten. Asamoah war zuvor mit voller Wucht auf Weidenfeller geprallt. Der fand das anscheinend gar nicht schön. So kam es wohl zum fatalen Wortwechsel, den Asamoah in der Bild am Sonntag prompt veröffentlichte.

Asamoah ist der Chefankläger im deutschen Fußball, wenn es um rassistische Vorfälle geht. Auch in Rostock wurde er aktiv, als sein Klub beim FC Hansa spielte und er auf den Rängen Affenlaute vernahm. Rostock musste im Vorjahr 20.000 Euro Strafe zahlen und Asamoah wurde endgültig zum Vorkämpfer gegen die Unsitten in den Stadien. In der Folge lieh Asamoah der Kampagne "Say no to racism" sein Gesicht, wie auch so prominente Fußballer wie Thierry Henry.

Es ist Asamoah nicht entgangen, dass sich die meisten Profis auf dem Rasen in der Fäkalsprache unterhalten, doch wenn die Kicker offen und vernehmbar rassistisch werden, überschreiten sie eine Grenze; ihr Tun wird justiziabel. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist es, der die Verhandlungen in einem solchen Fall des politisch unkorrekten Verhaltens aufnimmt. DFB-Chef Theo Zwanziger kennt da kein Pardon, und das ist gut so, bedenkt man die Wurstigkeit, mit der solche Fälle jahrzehntelang behandelt wurden. Also wird ermittelt gegen Weidenfeller, der die schlimmen Wörter natürlich nicht gesagt haben will. Sie würden nicht zu seinem Wortschatz gehören, behauptet er. Um das zu verifizieren, sind wieder etliche Lippenleser im Einsatz, die anhand der Fernsehbilder den Keeper überführen oder entlasten sollen.

Das Lippenlesen hatte nach dem WM-Finale Hochkonjunktur, als der Italiener Marco Materazzi den Franzosen Zinedine Zidane mit einer Invektive reizte, sodass dieser mit dem Schädel zustieß. Jetzt wissen wir, dass Materazzi auf Zidanes Angebot, er könne nach dem Spiel sein Trikot haben, erwiderte: "Ich nehme lieber deine Nutte von Schwester." Zidane legte damals nicht den Wortlaut der Unterredung offen. Er überließ dem Italiener die Beichte. So konziliant wollte Asamoah nicht sein.

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1 Kommentar

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  • MW
    Markus Wieland

    "Schwarzes Schwein" allerdings ist keine Lapalie, wenn nicht der Schiri gemeint ist - selten, dass sich ein Autor schon im zweiten Satz so offensichtlich selbst disqualifiziert. Arme taz.