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Geprellte Arbeiter abgefunden

■ Die italienischen Bauarbeiter, die in Friedrichshain eine Baustelle besetzt hatten, bekommen einen Teil der Löhne ausbezahlt. Betrug am Bau kein Einzelfall

Die um ihre Löhne geprellten italienischen Bauarbeiter, die am Donnerstag vergangener Woche eine Baustelle in der Friedrichshainer Jessner Straße besetzt hatten, gehen nach ihren Protesten nun nicht völlig leer aus. Wie der italienische Generalkonsul Paolo Faiola bestätigte, hätten sich die Arbeiter und der Bauherr darauf verständigt, einen Vorschuß auf die noch ausstehenden Löhne zu zahlen.

Insgesamt 105.000 Mark überbrachte der Bauherr gestern dem Konsulat, das die Summe an die etwa 100 italienischen Arbeiter ausbezahlte. Nach einer späteren Überprüfung der Rechnungen und der geleisteten Arbeiten sollen laut Faiola auch die ausstehenden Beträge ausbezahlt werden. Das Konsulat selbst übernahm die Kosten für den Rückflug der Arbeiter.

Von dem Arbeitgeber der italienischen Bauleute, dem Subunternehmer „Carbone“, fehlt unterdessen immer noch jede Spur. Carbone, der vom Generalunternehmer des Bauherrn, der Firma TWT, mit den Bauarbeiten für das Wohn- und Geschäftshaus beauftragt wurde, hatte sich mit dem für die Bauarbeiter bestimmten Geld aus dem Staub gemacht.

Wie der Polier der TWT, der namentlich nicht genannt werden wollte, gestern erklärte, sei der Fall für die TWT überraschend gekommen. Er habe immer wieder gesehen, wie Carbone Geld an die Bauarbeiter zahlte. „Wie mir die Italiener hinterher erklärten, war das aber nur das Essensgeld.“ Der Polier sprach davon, daß manche Bauarbeiter Lohnansprüche von 10.000 bis 12.000 Mark hätten.

Der Generalunternehmer TWT, der den Vertrag mit seinem verschwundenen Subunternehmer vergangene Woche kündigte, ist von der nun getroffenen Regelung allerdings wenig begeistert. Der Grund: Die vom Bauherrn an die Botschaft gezahlte Geldsumme soll später dem Generalunternehmer in Rechung gestellt werden. „Damit haben wir die Löhne der Italiener zweimal bezahlt“, schimpfte der Polier.

Sauer ist der Generalunternehmer aber auch auf die Bauarbeiter: „Die wollten hier Stunk und uns Pleite machen“, sagte der TWT- Vertreter, der von einer Zusatzvereinbarung zwischen dem Bauherrn und den Bauarbeitern sprach, derzufolge die Geprellten bei einem späteren Berlinaufenthalt einen Sicherheitsabstand von 500 Meter zur Baustelle einzuhalten haben.

Daß die Arbeiter eines Subunternehmens auf den Berliner Baustellen mit ihren frühkapitalistischen Arbeitsverhältnissen häufig das Nachsehen haben, bestätigte gestern auch der italienische Konsul. Einen Vorfall in der Größenordnung habe es bisher zwar erst einmal gegeben. Mit weniger spektakulären Fällen habe das Konsulat allerdings jeden Tag zu tun. Auch die Fachgemeinschaft Bau, der Arbeitgeberverband der kleinen und mittelständischen Bauunternehmen bestätigte, daß solche Betrügereien „öfter vorkommen“. Grundsätzlich gelte aber, so Fachgemeinschafts-Mitarbeiter Kaschinsky, daß jeder Subunternehmer für seine eigenen Beschäftigten einzutreten habe. Im Klartext: Der Generalunternehmer kann nicht zur Haftung für seine Subunternehmer herangezogen werden. Ein entsprechender Passus im Entsendegesetz, der eine derartige Haftung vorsieht, gilt bislang ebensowenig wie ein Mindestlohn. Uwe Rada

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