Gentechnica: Gentech gegen Gift
■ Biotechnik-Messe zeigt neue Bakterien
Lange Zeit haben Forscher nur davon geträumt: Speziell gezüchtete Bakterien werden in verschmutzen Böden und Gewässern ausgesetzt und zerstören die enthaltenen Schadstoffe. Weder hochgiftige polychlorierte Biphenyle (PCB) noch dioxinähnliche Verbindungen können den Super-Mikroorganismen etwas anhaben. Wissenschaftler der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF) in Braunschweig sind dieser Wunschvorstellung einen großen Schritt näher gekommen. Ihre Erkenntnisse stellen sie derzeit bei der Gentechnik-Messe „Biotechnica“ in Hannover vor.
Die sogenannten Braunschweiger Designerbakterien können im Labor bereits Schwermetalle, PCB und Dioxin biologisch abbauen. Am weitesten gediehen sind die Arbeiten an einem Pseudomonasstamm – einem Mikroorganismus, der Anfang der 70er Jahre isoliert werden konnte, sagt der Leiter der Abteilung Abbau von Umweltchemikalien an der GBF, Dietmar Pieper. Zur Bekämpfung der Schadstoffe werden veränderte Gene gezielt in das Erbgut der Kleinstorganismen implantiert. Damit werde der Abbau gesteuert: Bei PCB bildet sich beispielsweise Antibiotikum als Zwischenprodukt, das die Mikroflora abtötet und schließlich den Abbauvorgang stoppt. Durch eine gentechnische Veränderung wird die Enstehung von Antibiotikum verhindert und das PCB besser abgebaut.
Sogar Quecksilber kann den „Designerbakterien“ seit dem Einbau eines speziellen Gens nichts mehr anhaben.
Trotz der großen Fortschritte im Labor warnt Pieper vor übertriebenen Hoffnungen für die Praxis. Denn „draußen weiß man nicht genau, was alles an Chemikalien, Nähr- und Schadstoffen in einem Boden oder Gewässer vorhanden ist“. Unkalkulierbare Reaktionen und Wechselwirkungen seien die Folge. Noch scheuten zudem viele die für eine Zulassung Genehmigungsverfahren.
In der Datenbank der Deutschen Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen (DSM) in Braunschweig sind mehr als 10.000 Mikroorganismen gespeichert und nach ihren Eigenschaften und Fähigkeiten katalogisiert. Hier können Kunden aus aller Welt Bakterienstämme – unter anderem zum Abbau von toxischen Substanzen, Fettablagerungen in Rohren, Pestiziden und Aromaten – anfordern. Die DSM setzt allerdings eher auf natürliche „Abbauer-Cocktails“. Nur rund ein Prozent ihrer „Killer-Organismen“ sei gentechnisch verändert, sagt Rohde.
Birgit Reichert, dpa
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