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Genossenschaften schutzlos im Regen

München (dpa/ap) - In der Land-, Forstwirtschaft und Fischerei ist in einem vereinten Deutschland im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsbereichen kein mengenmäßiges Wachstum zu erwarten. Die DDR-Agrarproduktion muß nach einer Analyse des Münchner Ifo-Institutes für Wirtschaftsforschung sinken, bei gleichzeitiger erheblicher qualitativer Verbesserung. Das größte Problem wird das künftige Überangebot an Arbeitskräften im Agrarsektor liegen. Auf Basis der bundesdeutschen Produktionsverhältnisse von 1987 würden von den 920.000 Erwerbstätigen der DDR-Landwirtschaft nur noch 403.000 benötigt. Die DDR-Agrarproduktion liege bei maximal 50 Prozent derjenigen der Bundesrepublik. Der Anteil der Erwerbstätigen der Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei ist in der DDR mit 10,8 Prozent (1989) der Einwohner doppelt so hoch wie beispielsweise in Bayern.

Durch die Überflutung der Kaufhallenregale mit bundesdeutschen Waren und das Ausbooten eigener Produkte gehen die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften nach Einschätzung von DDR-Bauernverbandspräsident Karl Dämmrich dem Ruin entgegen. Dämmrich sagte in einem Interview der 'Neuen Zeit‘: „Obwohl wir unsere Forderungen und Bedenken rechtzeitig angemeldet haben, müssen wir nun erleben, daß unsere Kollegen auf dem für sie bisher ungewohnten Weg in die Marktwirtschaft sozusagen schutzlos im Regen stehengelassen werden.“ Die Bauern benötigten Soforthilfe, mit der über die Banken die weitere Existenz und Produktion finanziert werden könnten. Die Landwirte stellten sich gern den Herausforderungen der Marktwirtschaft, erklärte der Verbandspräsident. „Aber wir müssen dazu eine Chance bekommen, und die haben wir nicht.“

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