: Genmais Leo (er)klimmt Viren
betr.: „Trittin will Genmais aufhalten“ u.a., „Schröder meidet Zoff wegen Panzern“, „Klimmt macht Autofahrer froh“, „Mensch oder Virus – wer überlebt?“, taz vom 16. 2. 00
Eine schöne Bescherung. Das Sortenamt beschenkt von Rot-Grün ungebremst die deutschen Landwirte mit novartigem Biotech-Fraß, Kanzler Schröder beschenkt die Türken mit seiner Abwesenheit und ein paar (tausend) Leopard-Panzern zum Ausprobieren, unser Staubekämpfer Reinhard beschenkt die Autonation mit der Er-Klimm(t)ung luftiger Höhen verkehrtstechnischer Logik, und zu allem Überfluss beschenken uns auch noch einige Millionen Sorten DNA (mit Hülle) mit dem sicheren Tod, und die taz beschenkt uns werte Leser mit all diesen Informationen in einer einzigen Ausgabe. Danke schön.
Gesucht wird hingegen weiterhin und bleibt doch verschollen: grüne Politik im Kanzleramt. Andrea-Joschka-Jürgen (stellvertretend), macht bloß, dass ihr vom Acker kommt! Sonst ergeht es euch wie dem Mais: manipuliert, patentiert, numeriert und isoliert. Gegen so viel gute Sozialdemokratie hilft nur noch eins: endlich wieder konsequent grüne Politik machen, wenn’s denn sein muss, auch zur Not gegen die Mehrheit!
Denn selbst wenn das ein oder andere doch noch umzubiegen geht: Auf den thematischen Offenbarungseid der Grünen folgt nun wohl auch im März der parteipolitische. Sind die einstigen Alternativen noch zu retten? Gewalten teilen, Herrschaft auf Zeit, Trennung von Ämtern und Mandaten, Trennung von wirtschaftlicher und politischer Macht und endlich ein Wahlrecht für BürgerInnen, das nicht lediglich die Macht der Parteien und ihre Listen bestätigen darf – das sind durchaus pragmatische Politikalternativen entgegen dem Virus der allgemeinen Versozialdemokratisierung, welche nicht nur, wie hier beklagt, die Linke befallen zu haben scheint, sondern bedenklicherweise auch die Rechte, in Ösiland und anderswo. Wer da gegenhalten will, dem kann es nicht darum gehen, endlich reinzukommen, um dann festzustellen, dass im Inneren der Macht gar keine Schalthebelchen mehr sind. Geradezu selbstmörderisch das Überlebensargument einiger Grüner, welche die gedachten Alternativen zugunsten von Machtgewinn ausradieren wollen.
Wer aber wird überleben? Die Viren? Solange die Grünen so weiter vor sich hinstoffwechseln, sind sie nichts weiter als lifegestylte Wirtszellen, ohne jede eigene Identität, mögen sie nun Genmais, Leopard, Ehre oder einfach Haider heißen. Guten Appetit!
Jost Guido Freese, Düsseldorf
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