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Gemeinsam gegen Schwarz-Schills Streichkonzert

■ Protest gegen Kahlschlag formiert sich. Sogar Resolution aller Wandsbeker Parteien

Protest: Ja! Aber wie? Um den Widerstand gegen die Streichorgie des Hamburger Senats zu formieren, trafen sich auf Einladung der Gewerkschaft ver.di und der Sozialpolitischen Opposition (SOPO) am Mittwochabend rund 200 MitarbeiterInnen von freien Trägern und Beschäftigungsgesellschaften. Der Widerstand kommt langsam. Auch gewaltig?

An Ideen mangelt es nicht: Der Rahlstedter Sozialarbeiter Ernie Hellmann brachte einen „Warnstreik aller betroffenen Einrichtungen“ in die Diskussion. Sabine Stövesand von der Gruppe „urbane Panik“ stellte eine Plakat-Kampagne unter dem mehrdeutigen Motto „Kann einpacken!“ vor. Ein anderer Teilnehmer brachte einen Volksentscheid gegen die geplanten Kürzungen im Sozialbereich ins Gespräch, der Mitte April auf den Weg gebracht werden soll.

Einig waren sich die Versammelten, dass die Umverteilung der Hamburger Finanzen vom Sozialbereich zu Polizei und Justiz nur den Auftakt zu einem umfassenden Kahlschlag in den kommenden Jahrens bedeute, wenn aufgrund der Steuerreform das Geld noch knapper würde. Für Rainer Schmidt von der Drogenhilfeeinrichtung „Palette“ ist ein „Gegenentwurf zur Senatspolitik als roter Faden unserer Proteste“ unerlässlich.

Zunächst aber soll der Protest auf die Straßen der Stadt getragen werden: Für Freitag, den 15. März, plant das Aktionsbündnis Soziale Arbeit (Tel.: 0179 / 3910 093) eine Demons-tration von den Fachbehörden in der Hamburger Straße zum Rathaus. Bereits am Tag zuvor sollen zahlreiche dezentrale Aktionen in verschiedenen Stadtteilen stattfinden. Ein Vorbereitungstreff zu beiden Tagen findet am 7. März um 18 Uhr im Diakonischen Werk in der Königstraße 54 in Altona statt.

Der vorläufige Höhepunkt der Protestaktionen wird aber am 16. April, einen Tag vor der endgültigen Verabschiedung des Hamburger Spar-Haushalts, stattfinden. Die Koordination der geplanten Groß-Demo übernehmen ver.di und die SOPO. Weitere Informationen bieten zwei Homepages: www.schlechter-streich.de und www.netzhh.de.

Derweil wird heute im Amt für Jugend über die Zukunft der fünf Frauenberatungstellen in Hamburg verhandelt. Die Sparvorgabe des Senats sieht eine Halbierung des Etats vor, davon 38 Prozent in diesem und weitere zwölf im nächsten Jahr. Da eine Einsparung nach dem Rasenmäherprinzip die Funktionsfähigkeit aller Einrichtungen beeinträchtigen würde, schlägt das Amt für Jugend deshalb die Schließung von zwei Beratungsstellen vor, darunter die an der Kattunbleiche in Wandsbek.

Der dortige Bezirksausschuss für Soziales und Frauen versucht, die Einrichtung zu retten. Auf einer Sondersitzung haben alle Parteien einstimmig einem Antrag der GAL an CDU-Sozialsenatorin Schnieber-Jastram zugestimmt, die Beratungsstelle zu erhalten.

Deren Auflösung wäre aus Sicht der dort tätigen Psychologin Antje Schwer Kahlschlagpolitik: „Wir könnten uns auch vorstellen, mit der Beratungsstelle in Winterhude zusammenzugehen“, sagt sie. „Aber um Konzepte zu entwerfen, brauchen wir mehr Zeit.“ Deshalb möchte sie bei dem Gespräch heute vorschlagen, den Hauptteil der Ein-sparungen auf das nächste Jahr zu schieben. Dann sei mehr Luft, um eine Umstrukturierung zu entwi-ckeln.

Über den Vorstoß des Wandsbeker Sozialauschusses freut sich Schwer. Sie ist aber skeptisch, ob es helfen wird, da sich jeder Bezirk für seine Einrichtung einsetzen könnte. Ein Abbröckeln der Solidarität unter den Frauenberatungsstellen habe schon begonnen. Marco Carini/

Ariane Dandorfer

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