: Geliebte Lümmeltüten
Das Leben der Matrosen ist auch nicht mehr das, was es einmal war. Chinesische Seeleute zum Beispiel, die sich in ausländischen Häfen mit den Damen des horizontalen Gewerbes einlassen, werden künftig „schwer bestraft“. Wenn sie Mitglieder der Kommunistischen Partei sind, können sie sogar ausgeschlossen werden. Die Behörden von Shanghai wollen mit den Strafen den „starken Anstieg“ von Geschlechtskrankheiten bekämpfen. Dabei wäre alles so einfach, die Partei müßte nur ein paar Devisen locker machen und einige Wagenladungen Kondome importieren. Die Schweiz ist zur Zeit ein ausgezeichnetes Einkaufsland für Lümmeltüten. Dort prangt jetzt in fet
ten Lettern ein „OK“ auf den Präservativen, drumherum sind liebevoll die Worte „controle-geprüft-tested-approvada“ arrangiert. Wie der Verband der „Gütesiegel für Präservative“ in Zürich mitteilte, ist dies das neue Schweizer Gütesiegel, das die Verpackungen der Gummis stolz zur Schau tragen werden. Fünf Schweizer Marken werden zur Zeit für würdig gehalten, das Gütezeichen zu tragen. Sie müssen ihre Produkte Tests in dem staatlichen Labor in Sankt Gallen unterziehen. Dort werden sie stichprobenartig auf Druckfestigkeit und Volumen untersucht. Mindestens 20 Liter Luft müssen beispielsweise in die Gummis passen, sonst fallen sie durch die Prüfung. In dem Verband „Gütesiegel für Präservative“ haben sich unter anderem die Aids-Hilfe Schweiz und der Schweizer Verbraucherverband zusammen
geschlossen. Der Verband erinnert in diesem Zusammenhang daran, daß „das beste Präservativ nicht vor Aids und einer ungewollten Schwangerschaft schützen kann, wenn es nicht bei jedem Mal und nach allen Regeln der Kunst angewendet wird“.
In Kanada machen sie sich jetzt daran, gebrauchte Kondome zu recyceln. Die Dinger werden als kleiner Überraschungsgag in Frühstücksflocken-Packungen versteckt: Die elfjährige Camille Blanford aus Red Deer in der westkanadischen Provinz Alberta füllte sich gerade ihre zweite Schüssel Corn Flakes, als etwas Transparentes, Rosafarbenes aus der Packung fiel. Erfreut über das in Corn-Flakes-Packungen der Marke Kellogs häufig vorhandene kleine Geschenk, griff sie zu - und hatte plötzlich eine gebrauchte Lümmeltüte in der Hand. Die Mutter der Kleinen erbleichte. „Können sie sich vorstellen, wie wir uns fühlen“, klagte sie der örtlichen Presse ihr Leid, „die Packung war fast leer. Wir haben alle davon gegessen.“ Das Kellogs-Unternehmen wollte sich zu sein neuen Geschenkidee nicht äußern.
Karl Wegmann
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