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Geld oder Männer

■ Schilleroper: Eigentümer fordert mehr Geld für die Pflege obdachloser Männer

Das Schmierentheater um die Unterbringung von Wohnungslosen in der Schilleroper auf St. Pauli geht weiter: Der Bezirk Mitte soll jetzt – zusätzlich zu den regulären Mietkosten von 50.000 Mark im Monat – monatlich 6.000 Mark Schadenersatz an die Norderstedter PR Beherbergungs-Betriebe GmbH zahlen. Das fordern die Unternehmens-Anwälte per Schreiben vom 10. Juni vom Bezirksamt Mitte. Der sechsseitige Brief liegt der taz vor und wurde gestern nach Redaktionsschluß im Bezirksparlament debattiert.

Die Firma, die im Auftrag des Schilleroper-Eigentümers Eberhard Erhardt tätig ist, begründet ihren Anspruch auf „200 Mark täglich“Schadensersatz mit „Vertragsverletzung“. Entgegen der Vereinbarung habe der Bezirk 50 alleinstehende, wohnungslose Männer in der Schilleroper untergebracht. Im Mietvertrag vom 14. März 1997 aber sei zugesichert worden, daß „sozial verträgliche, problemlos in das Umfeld zu integrierende Personengruppen im Familienverbund“eingewiesen würden. Diese Eigenschaften, so der Brief, erfüllten „männliche Einzelpersonen“nicht. Sie verursachten „aufwendigere Pflege durch höheren Verschleiß“, „höheren Energieverbrauch“und „erhöhte Personalkosten durch verstärkte Betreuung“. Auch seien die „Gefahr von Fremdübernachtungen“, „häufigere Straftaten“und „große Unruhe Tag und Nacht“zu befürchten. Männer raus aus der Schilleroper oder mehr Geld, fordert daher das Unternehmen.

Der Bezirk Mitte gerät in Bedrängnis: Die afghanischen Flüchtlingsfamilien, die ursprünglich in das baufällige ehemalige Varieté-Theater an der Lerchenstraße ziehen sollten, haben erfolgreich gegen die Einweisung geklagt. Andere Flüchtlingsfamilien sind nicht in Sicht; schon jetzt beklagen Unterkünfte in Mitte mangelnde Auslastung. Die Schilleroper aber ist für zwei Jahre angemietet. Wer für den Schadensersatz oder gar eventuellen Leerstand haftet, ist unklar.

Heike Haarhoff

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