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Geister-Viertel -betr.: Viertel seit gestern ruhig gestellt, taz vom 3.1.96

Betr.: Viertel seit gestern ruhig gestellt, taz vom 3.1.1996

Wir bekamen es bereits in den ersten drei Tagen zu spüren, mit einem Umsatzrückgang von 80 Prozent. Die lebendige Meile O-Weg gliche seit dem 2. Januar einer Geisterstadt, wenn nicht die entsetzlich kreischenden Geräusche der rasenden Straßenbahnen die Szenerie noch makaberer erscheinen ließen. Das Viertel - lebendig, individuell, attraktiv, witzig, ungewöhnlich, einfach lebenswert, ist mit einem Schlage zerstört worden. Aber nicht nur das Viertel ist zerstört. Man hat viel mehr zerstört. Die Geschäfte des Viertels stehen vor dem Niedergang.

Laut einer Schweizer Studie kostet jeder abgeschaffte City-Parkplatz den Handel über 650.000 Mark Umsatz. Nun ist der O-Weg nicht direkt City, der Schaden ist trotzdem beträchtlich und nicht absehbar. Nach der Schweizer Studie ergibt sich bei 1.000 gestrichenen Parkplätzen ein Steuerloch von 6 Millionen Mark für den Staat. Und diese gestrichenen Parkplätze werden sogar zum Jobkiller, denn an jedem Stadtparkplatz hängen zwei Arbeitsplätze.

Es wäre fatal, wenn die Stadt Bremen bei Ihrer Strategie bleibt, dem Handel am Ostertorsteinweg und Vor dem Steintor durch Wegnahme von Parkplätzen, Steine in den Weg zu legen. Es wird viele Pleiten geben und die Vernichtung von Arbeitsplätzen. Heute autofrei - morgen kundenfrei!

Eine weitere Studie der Universität Saarbrücken beweist das Gleiche wie die Schweizer Studie. In einer falschen Verkehrspolitik sieht Prof. Bruno Tietz (Studie der Uni Saarbrücken) eine immer stärkere Bedrohung des Handels. Viele autofreie Innenstädte oder autofreie Stadtteile müssen sich auf einen unvorstellbaren Niedergang einstellen, sagt Tietz voraus. Er warnt die Kommunalpolitiker vor den Folgen autofreier Innenstädte und autofreier Stadtteile. Ich kann mir nur vorstellen, daß sich die Verantwortlichen in Bremen all dieser Punkte nicht bewußt waren. Denn welcher Politker möchte dem Bremer Staat einen solchen Schaden zufügen.

Aber noch ist es nicht zu spät. Noch ist es zum Glück ein Versuch. Ein Umdenken in den verantwortlichen Köpfen ist notwendig, damit diese bestehende Behinderung sofort aufgehoben wird, und zwar bevor es für die Geschäfte zu spät ist. Denn die Miete ist fällig, die Personalkosten sind fällig – auch bei 80 Prozent Umsatzrückgang.

Die Steuer ist fällig. Wer soll bezahlen, wenn die Kunden ausbleiben. Nicht einer unserer Kunden fährt zum Weserstation, um von dort mit dem Taxi zu uns zu kommen. Unsere Kunden sind Frauen, die durch Beruf und Haushalt für solche Experimente keine Zeit haben. Sie werden ihr Auto nehmen und direkt zum Weserpark oder zur Einkaufsstadt Dodenhoff fahren. Dort gibt es nämlich Parkmöglichkeiten.

Irmgard Zeitzen, Geschäftsführerin einer Boutique im Ostertorsteinweg.

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