piwik no script img

Geil! 400 Quickies

■ Bei der 1. Berliner Erotik-Auktion durfte zwischendurch sogar geraucht werden

Das Vorspiel läßt sich Thomas Schumann nicht entgehen. Genüßlich steht er an der Tür, wimmelt Voyeure ab, läßt nur willige Mitspieler rein. In dem kleinen Laden in den Hackeschen Höfen, wo normalerweise Antiquitäten restauriert werden, soll gleich eine ganz große Nummer steigen: die 1. Berliner Erotik-Auktion. Nichts Anrüchiges. Nichts Schlüpfriges. Etwas Natürliches.

Auf einem Krabbeltisch stapeln sich Doppelvibratoren Latex natur, Dildos „Double Dong“ und Analkugeln. Daneben liegt „der Mösenatlas“ und das „Folter-Lexikon. Die Kunst der verzögerten Humanschlachtung von Nero bis Westmoreland“. Lauter tausend kleine Dinge aus einem eingeschlafenen Sexshop, die nur darauf warten, an Frau und Mann gebracht zu werden.

Thomas Schumann hat die richtige Stellung gefunden. In einen Erotikhocker drückt er seine Pfunde, lächelt lüstern hinüber zu Gaby Barton, der Initiatorin dieser Erotik-Auktion. Sie kann heute nicht. Sie hat Zahnschmerzen und keine Stimme. Thomas Schumann, der Ersatzmann, wird ihr beweisen, daß er immer kann. Einen Quickie nach dem anderen, 400 insgesamt. Und das in einer Rekordzeit von vier Stunden. Zwischendurch darf er eine rauchen, eine „Prince“.

400mal an diesem Abend hat Thomas Schumann „zum ersten, zum zweiten, zum dritten“ in den Raum hineingerufen. Nicht alle Angebote flutschten – wie beispielsweise die Bleistiftzeichnung von Otto Dix (9.500 Mark) oder eine Radierung Picassos (12.500 Mark). Was wegging wie warme Semmeln, waren die Aldi-Angebote: ein sprechender Vibrator, im Sexshop 150 Mark, hier 20; drei Posten Handschellen, schwarz, überm Ladentisch 90 Mark, unter dem Hammer für schlappe 20 Mark zu haben.

Thomas Schumann ist erschlafft. Die Hitze im Auktionsraum, die vielen Besucher, die schnellen Nummern. Es ist Viertel nach elf und Zeit, ins Bett zu gehen.

P.S.: Ein Nachspiel wird das Ganze haben. Im März soll die 2. Erotik- Auktion stattfinden. Jens Rübsam

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen