Geheimunterlagen in den USA: Weiterer Fund in Bidens Privathaus
Fünf Blätter klingen wenig. Doch dass das Weiße Haus einen weiteren heiklen Dokumentenfund beim Präsidenten einräumen muss, setzt Biden unter Druck.
Die Enthüllung bringt Biden weiter in Bedrängnis, nachdem seine Mitarbeiter zuvor bereits in mehreren Tranchen an verschiedenen Orten Unterlagen aus seiner Zeit als US-Vizepräsident entdeckt hatten. Der Präsident und das Weiße Haus stehen wegen ihrer Kommunikationspolitik in dem Fall stark in der Kritik. Der neue Fund trägt weiter dazu bei, denn das Weiße Haus hatte die Suche schon für beendet erklärt.
Biden war von 2009 bis 2017 Stellvertreter des damaligen Präsidenten Barack Obama. In den vergangenen Tagen wurde bekannt, dass vertrauliche Regierungsunterlagen aus dieser Zeit an verschiedenen Orten entdeckt worden waren: in privaten Büroräumen Bidens in der Hauptstadt Washington und in seinem Haus in Wilmington im Bundesstaat Delaware.
In Wilmington entdeckten Mitarbeiter Geheimunterlagen in Bidens Garage, was dem Demokraten besonderen Spott bescherte, aber auch in einem „angrenzenden Raum“, den Biden seine „persönliche Bibliothek“ nannte.
In jenem Raum hatten Bidens persönliche Anwälte am Mittwoch zuletzt eine Seite vertrauliches Material gefunden. Da die Anwälte keine Sicherheitsfreigabe für den Umgang mit Geheimdokumenten der Regierung besäßen, hätten sie ihre Suche umgehend eingestellt.
Sauber sagte, er selbst besitze die nötige Befugnis für den Umgang mit Geheimunterlagen und sei daher am Donnerstagabend nach Wilmington gereist, um die Dokumente an das Justizministerium zu übergeben. Während der Übergabe seien die zusätzlichen fünf Seiten aufgetaucht.
Warum das Weiße Haus erst am Samstag, also zwei Tage später, über den Fund informierte, ist offen. Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre wich in den vergangenen Tagen konsequent Nachfragen von Reportern zu dem Fall aus und hielt an den immergleichen Formulierungen fest – etwa dass der Präsident den Umgang mit Geheimunterlagen sehr ernst nehme und dass sie wegen der laufenden Untersuchungen nichts Näheres zu dem Fall sagen könne.
An einer Stelle hatte sich Jean-Pierre am Donnerstag beim Briefing im Weißen Haus aber festgelegt. Auf die Frage, ob der Präsident sicher sei, dass bei weiteren Durchsuchungen keine weiteren Geheimunterlagen mehr gefunden würden, sagte sie: „Sie sollten davon ausgehen, dass die Suche abgeschlossen ist, ja.“
Scheibchenweise Informationen
Dass das Weiße Haus nun einen weiteren Fund einräumen muss, ist für den Präsidenten höchst unangenehm. Denn schon zuvor hatte die Regierungszentrale nur scheibchenweise Informationen preisgegeben und die Öffentlichkeit insgesamt lange nicht eingeweiht.
Die erste Tranche an vertraulichen Regierungsunterlagen war bereits am 2. November entdeckt worden – kurz vor den Kongresswahlen in den USA. Darunter war laut einem Bericht des US-Senders CBS Material der höchsten Geheimhaltungsstufe. Das Weiße Haus betont, Bidens Anwälte hätten damals umgehend das Nationalarchiv informiert, das für die Aufbewahrung solcher Dokumente zuständig ist.
Die Öffentlichkeit erfuhr aber erst davon, als Medien am vergangenen Montag über den delikaten Fund berichteten. Als Reaktion auf die erste Entdeckung beim Ausräumen der privaten Büroräume in Washington suchten Bidens Mitarbeiter laut Berater Sauber dann auch an anderen Orten nach weiteren Unterlagen und wurden schließlich in Wilmington fündig.
Am Donnerstag hatte Justizminister Merrick Garland einen Sonderermittler eingesetzt, um den Fall zu untersuchen. Garland legte dabei offen, dass Bidens Team das Justizministerium bereits am 20. Dezember über den Fund der Verschlusssachen in der Garage in Wilmington informiert hatte.
Das Weiße Haus bestätigte diesen Garagen-Fund allerdings nicht bereits in der ersten öffentlichen Stellungnahme vor wenigen Tagen, sondern wieder erst in Reaktion auf Medienberichte. Auch das stieß auf viel Unverständnis.
Biden war am Samstag, wie oft an Wochenenden, selbst in Wilmington, als die Nachricht über den neuen Fund öffentlich wurde. Für den Präsidenten sind die Enthüllungen politisch höchst heikel – nicht nur, weil es nicht erlaubt ist, vertrauliche Regierungsunterlagen nach dem Ausscheiden aus einem Amt privat zu lagern, denn dafür ist in den USA das Nationalarchiv zuständig.
Der Dokumentenfund bei Biden hat auch deshalb große Brisanz, weil der frühere republikanische Präsident Donald Trump mit einem ähnlichen Fall im Sommer für einen Skandal gesorgt hatte: Trump bewahrte nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus in großem Umfang vertrauliche Regierungsunterlagen in seinem privaten Anwesen in Florida auf, darunter etliche Dokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe.
Die Bundespolizei FBI durchsuchte das Anwesen im August und beschlagnahmte diverse Verschlusssachen. Biden kritisierte Trumps Umgang mit den Dokumenten damals. Nun ist er selbst heftiger Kritik von Trump und dessen Republikanern ausgesetzt. Die haben inzwischen die Mehrheit im Repräsentantenhaus übernommen und dort bereits erste parlamentarische Nachforschungen zu Bidens Dokumenten angestoßen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“