: Geheimpapier nährt Klinik-Streit
Mit einer weitreichenden „Standortsichungserklärung“ für das Klinikum Mitte würde Bremen auf 30 Jahre die Profite privater Investoren garantieren und die Landeskrankenhausplanung aufgeben
Von KLAUS WOLSCHNER
„Das ist ein Wahnsinn“, sagt Peter Erlanson, Betriebsrat im Klinikum Links der Weser (LdW). Auf 30 Jahre soll sich Bremen verpflichten, das Klinikum Bremen-Mitte (KBM) „auf Universitätsniveau“ und als Krankenhaus der „Maximalversorgung“ zu betreiben. Nur damit private Investoren beim Klinik-Neubau kein finanzielles Risiko eingehen. Wer weiß heute, was in 20 Jahren „Maximalversorgung“ ist, sagt Erlanson, „das einzige, was feststeht und garantiert werden soll, ist die Rendite der Investoren“. Wenn dieser Vertrag zustande kommt.
Welcher Vertrag? Im Rathaus hat es eine Krisensitzung mit Bürgermeister Jens Böhrnsen, Finanzsenatorin Karoline Linnert und Gesundheitssenatorin Ingelore Rosenkötter gegeben. Es ging um die juristischen Risiken des Vertrages, die schnell 50 oder mehr Millionen teuer werden können. Es geht um die „Standortsicherungserklärung“ für das Klinikum Mitte als Voraussetzung für den geplanten Neubau. „Das Papier mit den aktuellen Formulierungen hat auch unser Klinik-Geschäftsführer nicht“, sagt der Betriebsratsvorsitzende des Klinikums Bremen-Ost, Lothar Schröder. Klar ist nur: Die potentiellen Investoren wollen mit dem Papier zu den Banken gehen und sagen, dass Bremen im Grunde damit eine Bürgschaft abgegeben habe und die Banken daher einen Zinssatz wie für Kommunalkredite gewähren können.
Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) hatte noch laut erklärt, dass Private, wenn sie mit Investitionen Geld verdienen wollen, auch Risiken übernehmen müssen. Das hatte schon damals niemand ernst genommen. Wenn das Klinikum Mitte eine Standortsicherung bekommt, dann wollen wir auch eine, sagt der Betriebsrat des Klinikums Ost erklärt. Denn sie wollen nicht, dass ihre Standorte weiter dezimiert werden zugunsten des KBM.
„Wir haben nicht ein Haus der Maximalversorgung, wir haben einen Klinikverbund der Maximalversorgung“, formuliert der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Winfried Brumma. „Wenn ein Haus die Garantie der Maximalversorgung bekommt, dann befürchte ich, dass in den nächsten 30 Jahren die anderen drei kommunalen Häuser nur noch ‚Portalkrankenhäuser‘ sind“, befürchtet Erlanson. Also ein wenig Vor-Ort-Versorgung machen, während die medizinische Kompetenz in Mitte konzentriert wird. Wenn der Chef des Klinikums Mitte, Uwe Premm, erklärt, die Planungen für sein Klinikum hätten keine Auswirkungen auf die anderen, dann sei das „schlicht falsch“, sagt Erlanson.
Der Freundeskreis des Klinikums Bremen-Ost, vertreten durch den früheren Gesundheitssenator Herbert Brückner, hat in einem Brief an den Bürgermeister diese Befürchtungen zusammengefasst. Und auch die Frage aufgeworfen, ob das Land Bremen noch frei sei, eine Landeskrankenhausplanung zu machen, wenn für das Klinikum Mitte schon ein „Maximum“ vertraglich festgelegt wäre. Das „Anreiz-System“ sollte weiter für alle gelten, sagt Brumma: Nicht nur die anderen kommunalen Kliniken, auch die Freigemeinnützigen sind betroffen, wenn die Stadt auf 30 Jahre die Rentabilität des KBM garantiert.
Der Streit der Kliniken wird auch unter den Betriebsräten ausgefochten. Gestern war Gesamtbetriebsratssitzung. Da hatten die Betriebsräte des KBM erklärt, wer bei der Zentralisierung der EDV nicht nach Mitte wechseln wollte, solle sich eine andere Beschäftigung suchen. „Eine Provokation“, fanden die anderen. Und überstimmten die Betriebsräte des Klinikums Mitte.