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Geheimdienstakten an Spaniens Kiosken

■ Spanische Zeitungen veröffentlichen Dokumente in Sachen GAL-Affäre

Madrid (taz) – Felipe González wollte sie nicht herausrücken, José Maria Aznar tat es ihm nach und beschied vergangenen Sommer einen entsprechenden richterlichen Antrag ebenfalls negativ, und jetzt kann sie sich jeder am Kiosk kaufen. Seit vorgestern veröffentlicht Spaniens zweitgrößte Tageszeitung El Mundo eine vierteilige Fortsetzungsserie mit den Dokumenten des militärischen Abschirmdienstes Cesid, die die Verwicklung der Agenten in den schmutzigen Krieg der Antiterroristischen Befreiungsgruppen (GAL) belegen sollen. Das größte Blatt des Landes, El Pais, zog gestern mit einer Sonderbeilage nach, in der versucht wird, die Bedeutung der Dokumente herunterzuspielen.

Die 20 von einem ehemaligen Agenten, Alberto Perote, entwendeten Kopien von Dokumenten und Mitschnitte von Telefongesprächen wurden in den vergangenen Jahren nach und nach der Presse und den Ermittlungsrichtern im Falle GAL zugespielt. Sie sollen belegen, daß der Cesid und die paramilitärische Polizeitruppe Guardia Civil die GAL ins Leben riefen, sie mit den nötigen „sauberen“, unregistrierten Waffen ausrüsteten, die Infrastruktur zur Verfügung stellten und zumindest die ersten der insgesamt 28 Mordopfer des schmutzigen Krieges gegen die baskischen ETA-Separatisten in den Achtzigern aussuchten.

So heißt es in einer Note vom 16. November 1983: „Seit April Aktivitäten in Südfrankreich zur Errichtung der logistischen Grundlagen, um die zur Entscheidung anstehenden Operationen zu unterstützen.“ Nach dem ersten Jahr der GAL zog der Cesid eine Zwischenbilanz. In der Tischvorlage an den Direktor 189/19.12.84 heißt es: „Die beste Aktionsform ist das Verschwindenlassen mittels Entführung.“ Als sehr effektiv wird auch die direkte „Eliminierung“ des Gegners und die damit verbundene „Enthauptung verschiedener Führungsorgane“ angesehen. Dies „würde zu einem schweren Bruch in der Kontinuität ihrer Strategie führen“. Dabei sei allerdings Vorsicht angebracht, damit keiner auf die Idee kommt, „daß öffentliche Organe dahinterstecken“.

Einige der Unterlagen wurden von Cesid-Chef Emilio Alonso Manglano mit dem handschriftlichen Vermerk „Pte. für Freitag“ versehen. Die Abkürzung Pte. steht im Spanischen normalerweise für Presidente, in diesem Fall für Regierungschef Felipe González, mit dem sich Manglano regelmäßig traf. Der Cesid-Chef bestreitet dies: Pte. habe er für „pendiente“ – „noch zu erledigen“ – benutzt. Felipe González strickt ruhig weiter an der Theorie, alles sei eine Racheakt. Der Exagent Perote habe die Papiere im Auftrag des von der Regierung González enteigneten Bankiers Mario Conde der Presse zu gespielt. Sie seien falsch, er habe nie von den Plänen der GAL gewußt.

Verteidigungsminister Eduardo Serra, der vergangenen Sommer den Richtern unter Verweis auf „Gründe der Staatssicherheit“ den Einblick in die Archive verweigerte, möchte nicht soweit gehen. Unter dem Druck der Veröffentlichungen gab er gestern in Brüssel zu, daß die abgedruckten Texte mit den Mikrofilmen im Geheimdienstarchiv übereinstimmen. Da die Originale nach der Verfilmung vernichtet wurden, könne er allerdings die Echtheit der Filme nicht belegen. Reiner Wandler

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