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Archiv-Artikel

Gegengift Spinoza

betr.: „Gegen die Arroganz des Gens“, taz vom 22. 6. 07

Gewiss zehrte das – einstige – Ansehen von Leuten wie Jean Paul Sartre auch von wohlmeinenden Vorurteilen über seine Rolle im Widerstand gegen die Nazis. Warum man aber in einem Artikel über spinozistische Wissenschaftstheorie einem sachlich unhaltbaren Foucault-Zitat, wonach Sartre et.al. nichts gegen Okkupation und Kollaboration unternommen hätten, mit einer fragwürdigen Totenehrung: der Mathematiker Jean Cavailles wurde im Widerstand wenigstens erschossen, noch eins draufsetzt, erschließt sich nicht.

Auch wenn man es gewöhnt ist, Gedanken und Handlungen an – abstrakten – moralischen Standards zu messen, hätte hier doch gerade besagter Spinozismus ein Gegengift dagegen hergeben können, unhistorisch – sozusagen sehr „von heute aus“ – von den Umständen und Bedingungen eines Widerstands gegen die Nazis abzusehen. Für Spinoza jedenfalls war es offensichtlich keine Option, seinen Widerstand gegen die niederländische Restauration – den gewaltsamen Tod Jan de Witts vor Augen – mit einem heroischen „Frei“-Tod zu beglaubigen. CARSTEN SCHMIDT, Berlin

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