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■ KommentarGefährliche Zahlenspiele

Besser hätte das Timing gar nicht sein können: Am Freitag erst beschimpfte CDU-Fraktionschef Landowsky Menschen aus Osteuropa als „Abschaum“, der Kriminalität in die Stadt bringe. Auch für Sprayer und Menschen, die statt im Reihenhäuschen lieber im Wohnwagen leben, bekamen ihr Fett ab: „Gesindel“ wurden sie vom CDU-Flaggschiff genannt.

Heute nun wird im Innenausschuß die Kriminalitätsstatistik für das vergangene Jahr vorgestellt. Obwohl Landowsky selbst vom Koalitionspartner SPD für seine Entgleisungen scharf kritisiert wurde, dürfte er in dem Zahlenwerk jede Menge Wasser für seine ausländerfeindlichen Mühlen finden und erst recht keinen Grund sehen, sich für seine Entgleisungen zu entschuldigen. Nach wie vor ist die polizeiliche Kriminalitätsstatistik bestens geeignet, rechte Politik zu betreiben. Da werden Straftaten aufgeführt, die ein Deutscher schwerlich begehen kann: Verstoß gegen das Asylbewerberleistungsgesetz oder das Aufenthaltsrecht. Auch Delikte, die Nichtdeutsche quasi auf der Durchreise begehen – ob ein Tourist, der Konfekt klaut, oder ein Pole, der beim Hütchenspiel von der Einfalt der Deutschen profitiert –, sie alle tauchen in der Statistik unter der Rubrik „Straftaten verübt von Nichtdeutschen“ auf. Voilà, fertig ist das Bild des kriminellen Ausländers, statistisch belegt wohlgemerkt.

Genausowenig greift das Bild des „guten Ausländers“. Es wäre naiv, die Augen davor zu verschließen, daß auch Nichtdeutsche Sozialleistungen erschleichen. Diese gehören belangt wie jeder deutsche Sozialhilfebetrüger. Solange aber die Polizeistatistik so angelegt ist, daß sie zu gefährlichen, politisch motivierten Zahlenspielereien mißbraucht werden kann, braucht sich keiner über die Entgleisungen eines Herrn Landowsky zu wundern. Barbara Bollwahn

Siehe Bericht S. 22

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