: „Ganz schlechter Stil“
■ Baubehörde deckelt Bürgerinitiative mit verzögertem Deckel-Gutachten
Einen „ganz schlechten politischen Stil“ wirft Michael Melcher, Mitglied der Bürgerinitiative „Ohne Dach ist Krach“, der Baubehörde vor: „Das Gutachten zu unserem Überdeckelungs-Konzept der A 7 liegt seit über einem Monat bei der Behörde. Wir sollen aber erst diese Woche davon erfahren.“ Melcher vermutet dahinter eine ganz bewußte Verzögerungs-Taktik. Bis die BI das Behörden-Gutachten „gelesen und analysiert“ habe, „sind die Politiker längst in der Sommerpause.“ Und danach werde sich bestimmt niemand mehr für die Einwendungen der AnwohnerInnen interessieren, die sich seit Jahren für mehr Lärmschutz und eine Abdeckelung der 2,8 Kilometer Autobahnstrecke zwischen Elbtunnel und Volkspark einsetzen.
„Es wäre fatal, wenn der Senat aufgrund eines falschen Gutachtens eine so gravierende Entscheidung trifft.“ Für seine Befürchtung hat Melcher gute Gründe: Auszüge aus dem Gutachten, die ihm vorliegen, hätten gezeigt, „daß unser Konzept vollkommen mißverstanden wurde.“ Die BI hatte vorgeschlagen, auf dem Autobahn-Deckel Sportplätze, Kleingärten und Grünflächen anzusiedeln. „Wir haben bewußt gegen Wohnbebauung und für diese Nutzung plädiert, weil der Betondeckel dann nicht so stabil sein muß, also billiger ist“, erklärt Melcher. Die Kleingärten sollten allerdings nicht erst geschaffen, sondern bloß verlegt werden. Auf den so freiwerdenden Flächen könnten Wohnungen gebaut werden; gleichzeitig würde der Wert des Bodens als Bauland steigen. Diese Rechnung hätten die Behörden-Gutachter anscheinend nicht verstanden „und kommen deswegen zu völlig anderen Kostenberechnungen.“
„All das“ hätte laut Melcher vermieden werden können, wenn die BI von der Bonner Immobilienberatungsgesellschaft, die das BI-Konzept prüfte, „angehört worden wäre.“ Die BI fordert jetzt, das Prüfgutachten mit den zuständigen Umwelt-, Wirtschafts-, Finanz- und Stadtentwicklungsbehörden „in Ruhe“ diskutieren zu können.
Doch dazu bleibt vielleicht keine Zeit: Am Donnerstag will die Baubehörde „der BI das Gutachten übergeben, und kurz danach die Presse informieren“, kündigt deren Sprecher Jürgen Asmussen an. Melcher: „Damit uns keine Zeit für Prüfung und Gegen-Stellungnahmen bleibt.“
Heike Haarhoff
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