piwik no script img

Gamsachurdias Truppen in Georgien auf dem Vormarsch

■ Rußland bietet Schewardnadse Hilfe an

Tiflis (dpa) – Die Lage des georgischen Staatschefs Eduard Schewardnadse wird immer kritischer: Nach der vollständigen Niederlage in Abchasien haben am Wochenende die Anhänger von Ex-Präsident Swiad Gamsachurdia ihre Position in Westgeorgien entscheidend ausgebaut. Schewardnadse bat Moskau um Hilfe, um einen – wie er sagte – drohenden Bürgerkrieg abzuwenden. Rußland erklärte sich bereit, Friedenstruppen in die Kaukasusrepublik zu entsenden.

Gestern setzten die Gamsachurdia-Anhänger ihren Eroberungsfeldzug fort und rückten in die strategisch wichtige Kreisstadt Choni ein, die 250 Kilometer westlich von Tiflis liegt. Am Samstag hatten die Truppen Gamsachurdias die Hafenstadt Poti praktisch im Sturm genommen. In der Stadt sitzen auch rund 20.000 Flüchtlinge aus Abchasien fest.

Gamsachurdia, der im Januar 1991 gestürzt worden war und vor zehn Tagen in seine Heimat Mingrelien zurückkehrte, hat damit weite Teile Westgeorgiens und die Verkehrswege zwischen dem Schwarzen Meer und der Hauptstadt Tiflis unter Kontrolle. Durch die Niederlage gegen die abtrünnige Region Abchasien hatte Georgien bereits den wichtigen Hafen von Suchumi verloren.

Schewardnadse wies in einem Interview noch einmal auf das drängende Flüchtlingsproblem hin. Mehr als 100.000 Menschen seien auf der Flucht vor den abchasischen Separatisten in den Bergen Westgeorgiens eingeschlossen. 200 bis 300 von ihnen seien bereits bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt gestorben, sagte er am Samstag in Tiflis. Der Staatschef hatte am Freitag abend ein Notstandskomitee geschaffen und den Chef der paramilitärischen Truppe Mchedrioni, Dschaba Ioseliani, zu dessen Vorsitzenden ernannt.

„Der wichtigste Faktor zu Erleichterung der Katastrophe bleibt unverzügliche Hilfe aus Rußland“, sagte Schewardnadse, ohne zu präzisieren, ob er humanitäre oder militärische Hilfe meine. „Wenn eine Einladung von Jelzin kommt, werde ich sofort nach Moskau fliegen“, sagte Schewardnadse.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen