G20-Gipfel in Brasilien: Milei will mit Kapitalismus aus der Armut
Erstmals trafen sich Brasiliens Präsident Lula und Argentiniens Präsident Milei auf dem G20-Gipfel in Rio de Janeiro. Die Stimmung blieb unterkühlt.
Umso überraschender war die Nachricht, dass Argentinien schließlich doch der „Globalen Allianz gegen Hunger und Armut“ beigetreten ist, die von Lula auf dem Gipfel in Rio de Janeiro ins Leben gerufen und von über 80 Ländern unterstützt wurde. Bis zum letzten Moment hatte sich der libertäre Präsident geweigert, die Allianz zu unterstützen, deren Ziel die Beseitigung des Hungers bis 2030 ist.
Allerdings setzt Mileis dabei seine eigenen Akzente. „Argentinien ist entschlossen, Hunger und Armut mit Hilfe von Marktreformen zu bekämpfen“, fügte er in einer eigenen Zusatzerklärung hinzu. Und weiter heißt es: „Sozialistische Politiken verletzen die Rechte des Einzelnen und verursachen durch das Abwürgen der Wirtschaft von Nationalstaaten eine unhaltbare Unterentwicklung, die eine wirksame Bekämpfung von Hunger und Armut verhindert“.
Bloß keine Reichensteuer
Und als sei das nicht deutlich genug, legte das Präsidialamt in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires nach. „Präsident Javier Milei vertritt eine klare Position: Wenn wir den Hunger bekämpfen und die Armut ausrotten wollen, ist die Lösung, den Staat aus dem Weg zu räumen. […]. Der Kapitalismus der freien Marktwirtschaft hat bereits 90 Prozent der Weltbevölkerung aus der extremen Armut geholt und die Lebenserwartung verdoppelt“, heißt es in der am Montagabend verbreiteten Erklärung.
Auch die allgemeine Abschlusserklärung unterstützt Milei nur unter Vorbehalt. „Zum ersten Mal seit der Teilnahme Argentiniens am G20 unterzeichnete die Regierung die Erklärung der Präsidenten und distanzierte sich teilweise von allen Inhalten bezüglich der Agenda 2030“, bestätigte sein Präsidialamt in Buenos Aires. Deutlich wurde Milei beim Thema Reichensteuer. „Zählen Sie nicht auf uns, wenn das Recht auf Eigentum durch Steuern und Vorschriften verletzt werden soll“, sagte er am Gipfeltisch.
Was inzwischen als Milei-Doktrin bekannt ist, wurde bereits im Juni auf der Generalversammlung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) demonstriert. Milei hatte die Ablehnung aller Resolutionen angeordnet, die sich positiv auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beziehen. Jüngstes Beispiel ist das vorzeitige Verlassen der argentinischen Delegation der UN-Klimakonferenz COP29 in Baku.
Gegen Frauenrechte, aber für Fracking
Hinzu kommt die Ablehnung von zwei UN-Resolutionen. Am 11. November stimmte Argentinien als einziges Land gegen eine Resolution der UN-Generalversammlung zur Prävention und Beseitigung aller Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, insbesondere im digitalen Umfeld gestimmt. Die Resolution war unter anderen von Deutschland eingebracht worden. 170 Länder stimmten dafür, 13 enthielten sich der Stimme, nur Argentinien votierte dagegen.
Bereits eine Woche zuvor war Argentinien das einzige Land, das eine Resolution zu den Rechten indigener Völker ablehnte. „Es ist notwendig, die Rechte der indigenen Völker und ihrer Territorien, Ländereien und Ökosysteme anzuerkennen, zu respektieren, zu fördern und zu schützen“, heißt es darin. 168 Länder stimmten für die Resolution, sieben enthielten sich.
Doch trotz der Eiseskälte zwischen Lula und Milei sorgte eine Nachricht für eine wohltemperierte Atmosphäre. Beide Regierungen unterzeichneten am Montag in Rio de Janeiro ein Abkommen, das die Lieferung von Gas aus dem patagonischen Fracking-Gebiet Vaca Muerta an die brasilianische Industrie beschleunigt werden soll.
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