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Archiv-Artikel

Fußballs grausame Offenbarung

Verdient luchsen die Eisernen aus Berlin dem FC St. Pauli beim 2:2 zwei Punkte aus dem Kreuz. Ärgern ist bei St. Pauli nach der 2:0-Führung bis drei Minuten vor Ende der Partie gestattet. Keeper Heinz Müller trat gleich eine Tür kaputt

„Im Endeffekt haben wir ja noch einen Punkt gut gemacht.“ Schönredner Blank

von OKE GÖTTLICH

Ein kurzer Tritt, ein großes Scheppern. Die Stimmung war nach der verdienten Punkteteilung wahrlich nicht gut bei den Profis des FC St. Pauli. Babacar N‘Diaye, nach seinem Treffer (70.) noch der fröhlichste Tänzer des gesamten Kiez, wollte gar nichts sagen. Torwart Heinz Müller ließ lieber gleich Muskeln sprechen. Die Tür hatte keine Chance und löste sich aus der Verankerung. Das Fenster auch nicht und zerbarst.

Es war die 87. Minute, als die Folge des irgendwie uninspiriert wirkenden Gespieles des FC St. Pauli die Spieler zu Stein erstarren ließ. Ugur Inceman ließ den Berliner Keita ziehen und dieser markierte den Anschlusstreffer drei Minuten vor Ende der Partie. Immer noch machten sich alle Hoffnung, dass St. Pauli den dritten Sieg in Folge würde feiern dürfen. Es war in dem Spiel bislang doch alles so glücklich gelaufen für den Kiez-Club. Die erste Halbzeit überstanden sie trotz klarer Unterlegenheit ohne Gegentor und gleich 56 Sekunden nach Beginn der zweiten traf Stefan Blank mit einem gefühlvollen Freistoß zum überraschenden 1:0 (46.). Nach der 2:0-Führung durch N‘Diaye schienen die Spieler von ihrer Glückssträhne einfach derart überwältigt, dass sie wohl dachten, die letzten zwanzig Minuten mit der Autopilot-Funktion überstehen zu können. Diese konnte nicht verhindern, dass Sixten Veit mit dem Schlusspfiff völlig unbehindert zum 2:2 eindreschen konnte.

„Der Schaden ist immens“, wusste Trainer Franz Gerber. „Wir können es uns in dieser Lage nicht leisten auch nur einen Punkt wegzuschenken. Heute waren es zwei.“ Damit sprach Gerber vielen aus der Seele, selbst wenn es nur die halbe Wahrheit ist. Stefan Blank konnte sich durchringen, immerhin von „einem gutgemachten Punkt“ zu sprechen. Statt fünf hat St. Pauli (17 Punkte) als 17. der Tabelle nun nur noch vier Punkte Rückstand auf den rettenden 14. Tabellenrang. Den hat derzeit der Karlsruher SC inne. Ob sich das extra vor dem Spiel angefertigte T-Shirt „Abstieg: Nö, never“ bewahrheiten wird, wollte Trainer Gerber nicht bestätigen. „Mir geht es nicht um T-Shirts, sondern um die Mannschaft“, grummelte er. Nach dem Ausraster von Müller („Jeder, der nach einem solchen Spiel keine Emotionen zeigt, versteht seinen Job nicht“) kann man erahnen, worin die Aufgabe nun liegt. Die aufgestaute Wut in positive Energie umwandeln, um gegen den Aufstiegsaspiranten Mainz am kommenden Freitag zu punkten.

St. Pauli: Müller - Rasiejewski - Nascimento, Stanislawski - Gruszka, Chris (46. Adamu), Gerber, Inceman, Blank, Patschinski (78. Held), N‘Diaye (86. Meier)

Union Berlin: Beuckert - Wehlage, Molata, Ernemann (78. Veit), Nikol - Balcarek, Menze, Bruns (60. Keita) - Vidolov - Baumgart, Ristic (84. Igwe)

Tore: 1:0 Blank (46.), 2:0 N‘Diaye (70.), Keita (87.), 2:2 Veit (90.)