Fußballer Mesut Özil: Der mit dem Ball spricht
Der deutschen Fußballnationalmannschaft fehlt nur noch ein Punkt zur WM-Qualifikation. Deshalb wird auf Löws Pressekonferenz über Özil und Arsenal geredet.
KÖLN taz | Kaum lugte Mesut Özil hinter der verdunkelten Scheibe des schwarzen Kleinbusses hervor, empfing ihn auch schon ein Blitzlichtgewitter. Ein Autohaus am Kölner Technologiepark war am Donnerstag für den Pressetermin der deutschen Nationalmannschaft vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Irland (Freitag 20.45 Uhr/live ARD) auserkoren worden, und dass dabei neben Assistenztrainer Hansi Flick und Sami Khedira auch Özil erschien, animierte fast das gesamte Hauspersonal, aus allen Lagen ein Erinnerungsfoto zu schießen.
Der 24-Jährige zog dafür den Reißverschluss an seinem dunkelblauen Trainingsanzug hoch und lächelte dann artig, als er mit Kumpel Khedira aufs Podium stieg. Der 50-Millionen-Erwerb des FC Arsenal, der im Februar 2009 in Düsseldorf für die DFB-Auswahl debütierte, bestreitet heute im Kölner Stadion sein 50. Länderspiel.
Mehr denn je lastet auf seinen Schultern die Verantwortung für Takt und Rhythmus dieser deutschen Elf. Allerdings besteht die Überlegung analog zu einem Freundschaftsspiel in Frankreich, die Nummer zehn in den Sturm vorzuschieben. Flick bestätigte derlei Gedankenspiele.
Özil empfahl leise, man könne in vorderster Linie ruhig seinem damaligen Werder-Mitspieler Max Kruse vertrauen. „Ich kenne ihn aus Bremer Zeiten, er ist ein super Junge und kann das spielen.“ Ansonsten hat der weltweit vermarktete Social-Media-Star – Özil folgen 12,9 Millionen Freunde auf Facebook, 3,5 Millionen bei Twitter – weniger über die Nationalelf, sondern über den Verein reden müssen.
Özils neue Liebe
Und gab der Deutschtürke gleich mal eine Liebeserklärung an London ab: „Ich liebe diese Stadt. Ich habe mir einiges schon angeschaut, das ist alles sehr interessant.“ Auch Arsenal-Teamchef Arsene Wenger sei ein super Trainer, „so einen braucht man, um erfolgreich zu sein.“ Meistens kommt Özil ohne solche Floskeln nicht durch einen solchen Pflichttermin, aber lange Reden werden nie zu seiner Stärke.
Bei ihm spricht der Ball – so sagt es jedenfalls sinngemäß der Bundestrainer. Und Löw erklärt: „Mesut hat immer Verantwortung übernommen, indem er ständig den Ball will.“ Joachim Löw hat seinen Gestalter gleich bei einem seiner ersten Arsenal-Auftritte beobachtet und festgestellt, „dass ihn die Zuschauer dort unglaublich annehmen“.
Tatsächlich ist bei Arsenal mit der Özil-Verpflichtung die Sehnsucht nach einem Titel verknüpft. In Premier League und Champions League führte er für die „Gunners“ bereits Regie, als habe er nie etwas anderes getan. Obgleich, das gibt Özil zu, „es mit der englischen Sprache noch ein wenig hapert“. Die Dinge auf dem Rasen regelt er eben instinktsicher. „Er ist Dreh- und Angelpunkt“, urteilt Löw, „die Art und Weise, wie bei Arsenal gespielt wird, kommt ihm sehr entgegen – er ist mehr im Spiel drin als in Madrid.“
Unverständnis bei Khedira und Ronaldo
Auf das üble Nachtreten aus der spanischen Hauptstadt wurde der gebürtige Gelsenkirchener gestern zwangsläufig angesprochen. Stimme der Vorwurf von Real-Präsident Florentino Peréz, er würde nur vier Stunden schlafen? „Man muss nur auf die Statistik schauen, um zu wissen, wie professionell ich bin“, lautete seine knappe Replik. Zuvörderst Cristiano Ronaldo hat den Weggang seines besten Zulieferers öffentlich bedauert, und auch Khedira drückte noch einmal sein Unverständnis aus: „Wenn man die Qualität eines Mesut Özil abgibt, schadet das jeder Mannschaft.“
Aber Madrid zählt nicht mehr, sondern London. Und Özil verriet, dass er dort vor der Mannschaft einen türkischen Song geträllert habe. Sehr persönlich sei dieses Ritual abgelaufen, „sie haben mich dafür gefeiert“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
HTS als Terrorvereinigung
Verhaftung von Abu Mohammad al-Jolani?