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Furcht vor neuem Putsch in Sierra Leone

■ Konferenz bestätigt überraschend den vom Militär abgelehnten Wahltermin

Freetown (IPS/taz) – Einen Monat nach dem Militärputsch von Julius Maada Bio in Sierra Leone geht die Furcht vor einem neuen Umsturz um. Eine Sonderkonferenz, deren von der Militärjunta handverlesene Delegierte eigentlich, gemäß dem Wunsch der Junta, die Verschiebung der für den 26. Februar geplanten Wahlen beschließen sollten, endete mit einer faustdicken Überraschung – sie bestätigte den Wahltermin. Nun befürchten politische Beobachter das Schlimmste. „Von jetzt an kann alles passieren“, sagte ein Rechtsanwalt in Freetown. „Dieser bewaffnete Schrott, der sich Militär nennt, wird alles tun, um eine Wahl zu verhindern.“

In Sierra Leone herrscht seit fünf Jahren Bürgerkrieg; Millionen Menschen sind aus ihrer Heimat vertrieben. Der frühere Militärherrscher Valentine Strasser hatte für den 26. Februar dieses Jahres Wahlen festgesetzt. Doch am 16. Januar wurde Strasser von seinem Stellvertreter, Brigadegeneral Maada Bio, gestürzt. Der Putsch wurde als Versuch gesehen, die Wahlen zu verhindern.

Nach dem Putsch gab es mehrmals offenbar sorgsam inszenierte Demonstrationen, bei denen unter der Parole „Frieden zuerst, dann Wahlen“ eine Verschiebung der Wahlen gefordert wurde. Eine Zeitung berichtete, Bio sei dabei, sein Büro im Präsidentenpalast für umgerechnet 62.000 US-Dollar neu einzurichten. Das tue ja wohl niemand, der beabsichtige, sich in Kürze zugunsten eines gewählten Präsidenten zurückzuziehen.

Als die Junta dann am vergangenen Wochenende eine Konferenz von Politikern über den Wahltermin einberief, tat das Militär sein Bestes, um das Abstimmungsergebnis zu beeinflussen. Mehr als 300 Soldaten mit Raketenwerfern und Luftabwehrgeschützen riegelten die Gegend um das Bintumani-Hotel ab, das als Tagungsort diente. Demonstranten, die für die Wahlen waren, wurden einen Kilometer vor dem Gebäude abgefangen. Leute, die für die Verschiebung demonstrierten, wurden hingegen durchgelassen. Zuvor hatten bewaffnete Männer in Uniform Schüsse auf das Haus von James Jonah, Vorsitzender der Wahlkommission, abgefeuert.

Dennoch kam die Konferenz zu einem überraschenden Ende. 56 Teilnehmer stimmten für den Wahltermin, nur 14 dagegen. Nun meinen Beobachter in Freetown, Bio drohe nach dieser Schlappe ein Putsch aus den eigenen Reihen. Bio selbst erklärte bisher nur, er werde das Mandat des Volkes respektieren. D.J.

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