: FünfundzwanzigTränen
■ „Die Braut haut ins Auge“ rockt gegen Klischees und Rosenkavaliere
Schon die Menschenschlange am Eingang des Towers bot ungewöhnliche Bilder: Ein junger Mann, den Arm voller Blumensträuße, trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Seit einem Jahr schon reist Dieter Maziak jedem Auftritt seiner Kultband hinterher. Auf die Frage, ob dieses engagierte Hobby auf Dauer nicht ziemlich teuer ist, antwortet der Chemielaborant aus Leverkusen ungerührt: „Die Tour ist ja nun erstmal zuende, da gibt es den Rest des Monats eben nur noch Zwieback zu essen!“
„Die Braut haut ins Auge“ startete dann vor allem mit neueren Hits ins Programm. Der eingeschworenen Fangemeinde wurde flott eingeheizt mit Liedern, die zum Teil erst auf der aktuellen Tour entstanden sind. Bernadette Hengst, Sängerin mit der ebenso großen wie spröde-charmanten Stimme, tröstete: „Alte Lieder rauszuschmeißen kostet immer 25 Tränen, aber sonst wird's langweilig.“
Solches kann man dem speziellen Repertoire der Damenkapelle sicher nicht nachsagen: Den derben Griff ins Brett beherrschen die „Bräute“ ebenso wie zarte Klänge in Sachen „Alter Liebe“. Frivole Ketzereien stehen unbefangen neben Stücken, bei denen man glaubt, die Original Deutschmacher hätten sich an „Velvet Underground“ vergangen.
Leider ist bei der neuen Produktion die Gitarristin Barbara Haß nicht mehr dabei. Als alleinerziehende Mutter war es wohl ziemlich anstrengend, voll an der professionellen Bandarbeit teilzuhaben. So wechselte sie innerhalb des Hamburger Musiksumpfes in das Surfpunk-Lager über, und geht seit einer Weile mit den „Incredible Sinalco Bums“ auf die Bretter.
Aber auch in der klassischen Vierer-Besetzung können die „Braut haut ins Auge“ überzeugen. Das sehr gemischte Publikum trieb die Band beim Wunschkonzert bis zur vierten Zugabe. Sowohl der melancholische Barkeeper, die Retrohippies wie auch die anwesende Frauen/Lesben-Fraktion wußten genau, was sie von den „Bräuten“ noch alles hören wollten. Und als es schließlich Rosen regnete, hieß es artig „Danke, Dieter!“
Helene Hecke
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