: „Fülle nachteiliger Regelungen“
■ Nach dem BGH-Urteil: Verbraucherverbände wollen noch andere Praktiken der Banken geändert wissen
Am Dienstag entschied der Bundesgerichtshof, daß Bareinzahlungen auf Girokonten noch am gleichen Tag verbucht werden müssen. Für die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher (AgV), in der die Verbraucherzentralen zusammengeschlossen sind, war es nur die Spitze des Eisbergs, daß Banken und Sparkassen sich bis zur Gutschrift oft einen Arbeitstag Zeit genommen haben. Wie geht's jetzt weiter? Die taz sprach mit der AgV-Justitiarin Gabriele Erkelenz.
taz:Das BGH-Urteil ist allgemein als ein Sieg der Verbraucher über die Banken bewertet worden. Angekündigt wurde schon, daß jetzt weitere Verbesserungen eingeklagt werden sollen. Haben Sie schon einen Schlachtplan?
Gabriele Erkelenz: Der Schlachtplan sieht so aus, daß wir zunächst die genaue Urteilsbegründung abwarten und prüfen, welche unserer Positionen durch die Fassung des Urteils schon miterledigt sind oder noch unklar sind. Darüberhinaus wollen wir feststellen, ob Banken die Positionen, die nicht Gegenstand des Verfahren waren, dem Urteil sinngemäß ändern.
Der BGH hat zunächst nur entschieden, daß Bareinzahlungen auch am gleichen Tag verbucht werden müssen. Was soll sich noch ändern?
Es gibt eine Fülle von Wertstellungsregelungen, die von Kreditinstitut zu Kreditistitut unterschiedlich sind, sich aber zum Nachteil des Verbraucher auswirken. Dazu gehört die Regelung, daß das Konto des Kunden bei Barauszahlungen schon vor dem Tag der Auszahlung belastet wird, oder daß bei Lastschriften nicht der Tag des Vorgangs, sondern ein früherer Termin angesetzt wird. Das sind Zurückdatierungen. Der ganze Bereich des Scheckverkehrs muß auch geklärt werden. Wenn von den Banken nicht freiwillig im Sinne des Verbrauchers gehandelt wird, müssen die Änderungen eingeklagt werden.
Um welche Summen geht es bei den unübersichtlichen Wertstellungsregelungen?
Die Rede ist von 13 bis 15 Milliarden Mark, die dadurch insgesamt für die Banken herausspringen.
Gehen Sie davon aus, daß die Kontoführungsgebühren jetzt erhöht werden?
Die Banken haben das schon vor dem Urteil angekündigt. Allerdings werden sie in Zukunft für den Verbraucher transparenter sein; bisher konnte er keine richtigen Preisvergleiche anstellen.
Was kann ich machen, wenn ich demnächst einen Kontoauszug bekommen, bei dem mir nach einer Bareinzahlung Zinsen in Rechnung gestellt wurden?
Sie wären dann sicherlich zu Unrecht von der Bank gefordert worden. Die können Sie zurückverlangen.
Gab es im Vorhinein schon Banken, die ihre Wertstellungspraxis geändert haben?
Ja, und diese Banken haben daraufhin einen enormen Zuwachs ihrer Geschäfte gehabt. Aber jetzt ist die Frage, ob sich die Banken insgesamt sturstellen und das Urteil eng auslegen, oder ob sie den Kundeninteressen von sich aus entsprechen.
Interview: Dietmar Bartz
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