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Führte der Mossad die Regie?

■ Der Geheimdienst bahnte die Kontakte zur PLO an, das Außenministerium verhandelte

Tel Aviv (taz) – Die ersten Kontakte der israelischen Regierung zur Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) haben angeblich israelische Geheimdienste hergestellt. Das geht aus Informationen US-amerikanischer Geheimdienste hervor, die die israelische Tageszeitung Haarez gestern zitierte.

Demnach waren die Geheimdienstkontakte auch für das Zustandekommen der Geheimabkommen, das in den vergangenen sieben Monaten in Oslo vorbereitet wurde, von größter Bedeutung.

Drei Geheimdienste verhandelten mit der PLO

Aufgrund dieser Informationen sollen drei verschiedene israelische Geheimdienste an den Vorgängen beteiligt gewesen sein: Der militärische Geheimdienst, der äußere Dienst „Mossad“ und der nach innen gerichtete Dienst „Shin-Bet“. Die Geheimdienstler agierten parallel zu den bilateralen Verhandlungen in Washington und den an den Geheimgesprächen in Oslo beteiligten Personen.

Nach Angaben der amerikanischen Geheimdienste wurden die israelischen Geheimdienstkontakte auf Anweisung des israelischen Ministerpräsidenten Jitzhak Rabin (Arbeiterpartei) bereits kurz nach der neuen Regierungsbildung vor einem Jahr aufgenommen. Außenminister Schimon Peres war davon in Kenntnis gesetzt worden. Die separaten Geheimdienstkontakte zur PLO wurden auch weiterhin mit ihm koordiniert.

Geheimdienstkontakte über Westeuropa

Angeblich liefen diese Kontakte über Westeuropa. Die Geheimdienstler hatten die Aufgabe, in Gesprächen festzustellen, wie realistisch die Aussichten für ein Abkommen mit der PLO über die von Israel vorgeschlagene Autonomielösung tatsächlich waren. Bei der Herstellung der Kontakte sollen Faisal el-Husseini, ein Mitglied der palästinensischen Verhandlungsdelegation, und andere palästinensische Persönlichkeiten in den besetzten Gebieten behilflich gewesen sein. Später nahm der Mossad direkten Kontakt zu PLO-Vertretern aus Tunis auf.

Regierungschef Rabin, der für alle israelischen Geheimdienste verantwortlich ist, erhielt die meisten Informationen über die Kontakte mit der PLO über die Geheimdienste. Die amerikanischen Geheimdienstquellen bestätigen jedoch, daß der Durchbruch in den Verhandlungen über die Geheimabkommen von Oslo durch die Vertreter des israelischen Außenministeriums erzielt wurde.

Schon früher Mossad-Kontakte zur PLO

Der Bericht betont, daß in der Vergangenheit stets der Mossad die Verantwortung für Geheimgespräche mit arabischen Vertreten getragen hat. Bereits im Jahr 1985 soll die damalige „nationale Einheitsregierung“ den Geheimdiensten den Auftrag gegeben haben, mit der PLO politischen Kontakt aufzunehmen. Die Entscheidung wurde vom damaligen Ministerpräsidenten Schimon Peres, seinem Stellvertreter Jitzhak Schamir und dem damaligen Verteidigungsminister Jitzhak Rabin getroffen. Schamir hat damals in einem Interview mit der Tageszeitung Haarez bestätigt, daß er von diesen Gesprächen mit der PLO informiert war.

Die Kontakte zur PLO wurden damals angeblich von dem Shin- Bet-Beamten Jossi Ginossar und dem Reservegeneral Schlomo Gazit aufrechterhalten.

Erste Gespräche nach 18 Monaten abgebrochen

Die damaligen Kontakte sollen nach ungefähr 18 Monaten wieder abgebrochen worden sein, weil keine Fortschritte erzielt werden konnten. Die Berichte wurden durch den damaligen Chef des inneren Geheimdienstes Shin Bet, Abraham Schalom an Peres, Schamir und Rabin weitergeleitet. Auf der PLO-Seite waren unter anderen Hani el-Hassan und sein Bruder Chaled vertreten. Die beiden werden in PLO-Kreisen wegen ihrer engen Beziehungen nach Riad als „Saudis“ bezeichnet. Beide gehören zum inneren Kreis der Fatah Jassir Arafats. Ihr Verhältnis zu Arafat ist jedoch seit dem Golfkrieg belastet. Damals kritisierten „die Saudis“ Arafats Position als zu „proirakisch“.

In den letzten Tagen sollen die Brüder Hani und Chaled el-Hassan gegen die Verträge mit Israel Stellung bezogen haben. Amos Wollin

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