: Fühl' die Harmonie!
■ Thalia-Premiere des südafrikanischen Musicals „Magic at 4“
Nirgendwo ist Theater so sehr Ware wie im Musical. Folglich ist auch nirgendwo die Frage so berechtigt: Was wird geboten? Bei Magic at 4, dem Nachfolge-Musical zu Sarafina, ist das vordringlich flotte Musik. Eine Band in Südafrika bekannter Musiker präsentiert einen Warenkorb tanzbarer Stile zwischen JuJu, Funk, Pop, Gospel und Reggae, der ebenso wie Buch, Regie und Choreografie in Komposition und Arrangement von Mbongeni Ngema stammt. Dazu gibt es viele Massenszenen und gemeinsames Singen, welches einem schon einmal eine Gänsehaut beschert. Professionell dargebracht, reißt das natürlich das Publikum mit, wenn auch nur zum Schlußapplaus aus den Stühlen.
Dafür ist die Geschichte eher Fugwerk. Gemäß der immanenten Gesetze des Musicals, daß ein politisches Anliegen ein menschliches Rührstück werden muß, um kommerziell erfolgreich zu sein, wird die Geschichte von Zwillingen erzählt, die erst Mutter und dann Vater durch Mord verlieren. Und zwar jedesmal durch die Tat von Weißen angestifteter Schwarzer.
Das ist zwar dramaturgisch nach den Motto „Eins links, eins rechts, eins fallenlassen“ gestrickt und schauspielerisch auch oft so umgesetzt, aber mit großen Chören, die uns die christliche Botschaft von Einheit und Nächstenliebe, von Versöhnung als Bote neuer Freiheit an die Seele schmettern, zeigt Ngema worauf es wirklich ankommt. Nicht Hauen (der zentrale Konflikt ist thematisiert als ideologisch aufgeladener Boxkampf zwischen dem schwarzen Ehrenmann und dem schwarzen Kollaborateur), sondern tanzend und mit Freude soll der Kampf für die Freiheit gewonnen werden.
In seiner simplen, unsündigen Reinheit, die noch durch schicke, bunte Kostüme untermalt wird, ist Magic at 4 eine common-sense-Produktion ohne politische Reizstoffe. Wir sollen uns die Hände geben und friedlich sein, das lernen wir, und weil die Musike so prima ist und alle so gute Laune haben, leuchtet uns das auch sofort ein.
Also was bietet Magic at 4? Eine prima Show für die heißen Tage, die uns über alle politischen Grenzen hinweg in dem Gefühl der Harmonie vereint. Honi soit qui mal y pense.
Till Briegleb
Sonntag morgen um 11 Uhr präsentiert Friedhelm Mönter SonnTakte im Thalia mit den schönsten Melodien aus „Sarafina“ und „Magic at 4“. Außerdem ist als Gast zum Thema „Südafrika trifft Südafrika“ die Sängerin Audrey Motaung dabei (Karten: 10 Mark).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen