piwik no script img

Archiv-Artikel

Fruchtbäume, Duftblüten und Färberpflanzen

„Para-deiza“ nannten die alten Perser ihren Garten. Der symbolisierte die Idee des Friedens und der Zufriedenheit und war ein Gegenentwurf zur Natur. Seit gestern hat auch Berlin ein orientalisches Paradies. Damit eröffnete im Erholungspark Marzahn einer der größten islamischen Gärten Europas

von Edith Kresta

„Das Paradies, das den Gottesfürchtigen versprochen ist, ist so beschaffen: In seinen Niederungen fließen Bäche. Und es besitzt andauernd Früchte und Schatten. Das ist das letzte Ziel derer, die Gottesfürchtig sind.“ (Koran Sure 13) Der ideale Garten ist ein Gegenentwurf zur Natur. Denn er soll die Nachbildung des Paradieses sein. Der islamische Garten ist deswegen weniger von üppiger Pflanzenpracht geprägt als von Geometrie und von Architektur. Neben dem Japanischen, dem Chinesischen und dem Balinesischen Garten wurde gestern der Orientalische Garten, das jüngste Projekt des Erholungsparkes Marzahn, eröffnet. Damit profiliert sich der Park immer mehr zur Schau der internationalen Gartenkunst. Insgesamt sieben Gärten verschiedener Kulturkreise soll es im Jahr 2007 an der Ostberliner Eisenacher Straße geben. Geplant sind zudem ein italienischer Renaissance-Garten, ein englischer Labyrinth-Garten und am Korea-Garten wird bereits gebaut.

Vier große Zedernholztore führen durch die vier Meter hohe rötliche Mauer in den Gartenhof – „Riyâd“ – des islamischen Gartens. Der Gartenhof ist 1.800 Quadratmeter groß und streng rechteckig, er hat 36 Säulen, 36 Bögen und 4 Arkaden. „In der islamischen Architektur ist die Proportion und die Symmetrie sehr wichtig. Deswegen vier Eingänge. Sie beziehen sich auf die vier Ströme des Paradiesgartens, die in der Mitte in vier gekreuzte Wasserbecken laufen. Die Ströme zeigen somit an, wo die Tore sind“, erklärt der Landschaftsarchitekt Kamel Louafi. Von ihm und seinem marokkanischen Berater Professor El Fai’z stammt der Plan für das orientalische Arrangement. Dies ist nun – nach der Alhambra im spanischen Granada – der zweitgrößte öffentliche islamische Garten Europas.

Wasserläufe, Fontänen, Wasserbecken, in vier rechteckigen Beeten wachsen Rosen, Jasmin und Orangen, stehen Oliven- und Granatapfelbaum. „In einem islamischen Garten gibt es Fruchtbäume, es gibt Duftpflanzen und es gibt Färberpflanzen. Es sind dekorative Elemente, die gleichzeitig etwas mit Riechen, Heilen und Würzen zu tun haben“, erklärt Laoufi

Der Orient, das sind Farben, das sind Kontraste, das sind sehr starke Elemente, die sich einfügen müssen in die Berliner Landschaft. „Das Wichtigste war, dass wir in diesem Garten trotzdem so viel wie möglich von den gärtnerischen und architektonischen Elementen eines islamischen Gartens wiederfinden: Das Wasser, die Pflanzen und vor allem Ornamente wie Steinreliefs oder Kalligrafien,“ beschreibt der Landschaftsgärtner sein Projekt.

Die Ausführung der traditionellen Handwerkskunst übernahm eine marokkanische Firma, die seit März mit 20 Arbeitern aus Marokko in Marzahn sägte, hobelte, schliff und einpasste. „Das Wichtigste war, dass wir eine Firma gefunden haben, die die Fliesen verlegt und Arbeiten wie die am Holzrelief und bei den Steinen beherrscht“, sagt Laoufi. Die Materialien wurden in Marokko bearbeitet und nach Berlin transportiert und hier montiert. „Es wurden 2,3 Millionen Steine zusammengefügt, wir sagen dazu: genäht“, erläutert er, „weil es haargenau passen muss.“ Die Holzreliefs sind aus Zedernholz geschnitzt. Sie wirken an den Decken der Eingänge wie filigrane Kristalle.

Das Gesamtkonzept „Gärten der Welt“ ist ein ambitioniertes Vorhaben der Grün Berlin Garten und Park GmbH. Sie ist Betreiberin des Erholungsparks Marzahn. Die „Gärten der Welt“ sollen zukünftig nicht nur die Besucher erfreuen, sondern der GmbH auch wachsende Einnahmen bescheren. Irgendwann. Bislang werden nicht einmal die Investitionskosten gedeckt, was bei einem Eintrittspreis von zwei Euro nicht wundert. Aber der Park dient auch dem Image: Er soll zur Wirtschafts- und Standortförderung der Gesamtregion beitragen. Finanziert wird er aus Fördermitteln der „Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“. Und natürlich soll er den interkulturellen Dialog und die Weltoffenheit nicht nur der Marzahner beflügeln.

Marzahn, der als deutschtümelnd verschriene Problemkiez, und die internationalen „Gärten der Welt“ passen nur auf den ersten Blick nicht zusammen, erinnert sich auch Kamel Laoufi. „Am Anfang konnte ich mir das Projekt in Marzahn schwer vorstellen.“ Aber als er dann hier war in dieser Gartenwelt, habe er das Zusammenspiel verschiedener Elemente aus Asien oder dem Orient genossen. „Das hat mir sehr gut gefallen. Denn was gibt es Schöneres als einen Garten, der eine Kultur zeigt?“

Kamel Laoufi ist in Algerien geboren. Mit 29 kam er nach Deutschland und studierte Landschaftsplanung. Er hat mit seinem Kreuzberger Büro viele Wettbewerbe gewonnen und zum Beispiel die Gärten der Expo in Hannover angelegt.