piwik no script img

Frischzellenkur für Pili Pili

■ Der Jazz-Keyboarder Jasper van't Hof begleitete im Modernes zurückhaltend den „Phikelela Sakhula Zulu Choir“

„Pili Pili“ ist in die Jahre gekommen. Das merkte man diesem Ethnojazz-Projekt des holländischen Keyboarders Jasper van't Hof in den letzten Jahren auch an. Seit er 1984 eine Platte mit einer afrikanischen Rhythmusgruppe aufnahm und die Komposition „Pili Pili“ daraus sich zu einem sensationellen Disco-Hit entwickelte, versammelt van't Hof alle Jahre wieder eine Mischung aus europäischen Jazzern und afrikanischen Musikern um sich, um mit ihnen eine weitere funkige Synthese der beiden Musikkulturen zu versuchen.

Aufregend war das lange nicht mehr. Aber eine treue Anhängerschaft füllte regelmäßig Konzertsäle wie nun auch wieder das Modernes in Bremen. Das holländische Schlitzohr scheint aber selber gemerkt zu haben, dass „Pili Pili“ langsam zur Schlafpille wurde. Denn diesmal hielt er sich mit seinen Jazzrock-Improvisationen und Soundtüfteleien auffällig zurück. Stattdessen stellte er den „Phikelela Sakhula Choir“ aus Durban, Südafrika in den Vordergrund, eine Amateurgruppe von a-capella-SängerInnen, die er auf seinen Reisen zufällig in einem ehemaligen Busbahnhof bei ihren (den Straßenlärm übertönenden) Proben hörte.

So standen nun neun AfrikanerInnen in selbst genähten Kostümen auf der Bühne, wirkten dort eher schüchtern und tanzten zu den Songs, wie es ihnen gerade in den Gliedern zuckte. Sie boten alles andere als eine polierte Bühnenshow. Aber dafür wirkte ihr Auftritt extrem sympathisch, vital und au-thentisch. Man muß es van't Hof hoch anrechnen, dass er gar nicht erst versuchte zu kaschieren, dass dies immernoch ein Amateurchor aus dem Armenviertel von Durban ist. Und so vermittelte sich die ungebändigte Energie ihres Gesangs sehr gut an die ZuhörerInnen.

Im Grunde waren alle von ihnen gesungenen Songs tanzbare Hymnen, bei denen ein Solist mit ausdrucksstarker Stimme eher Slogans als Liedstrophen sang, worauf dann der Chor in komplexen und rhythmisch raffinierten Arrangements antwortete. Van't Hof versuchte zum Glück kaum, diese Songs in seine jazzigen Fusionarrangements abzubiegen. Meist begleiteten er und seine Rumpfband (Drummer, Percussionst, Bassist und Gitarrist) solide, aber unspektakulär den Chor. Und van't Hof verzierte die Stücke ein wenig mit rhythmischen Akzenten auf den Keyboards.

Wenn der Chor mal für ein paar Minuten die Bühne verließ, damit Bassist Bo Stief oder Perkussionst Dra Diara auch mal zeigen durften, was sie konnten, sank der Intensitätspegel gleich bedenklich. Denn hier wurde nicht viel mehr als Konfektions-Jazzrock geboten. Spannend war bei diesem Auftritt nur der Chor, und manchmal kam einem sogar der leise Verdacht, dass die europäischen Jazzer im Hintergrund die Wirkung des Gesangs nur verwässerten. Aber das ist ja das alte Dilemma mit all diesen Stilmischungen, und ohne „Pili Pili“ wäre der „Phikelela Sakhula Choir“ bestimmt nicht auf de Bühne des Modernes gekommen.

Wenn Jasper van't Hof diese Richtung konsequent weiterverfolgt, kann er „Pili Pili“ noch viele Jahre weiterbestehen lassen. Dazu müßte der Keyboarder sich und seinen angegrauten Jazzrock aber langsam ganz aus der Gleichung herauskürzen. Denn gute afrikanische Musik klingt unverdünnt am besten.

Wilfried Hippen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen