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Freude über Saddam

■ Rüstungsindustrie wieder optimistisch

Farnborough (dpa) - Es ist makaber, aber mit der Besetzung Kuwaits hat Iraks Präsident Saddam Hussein wieder für frischen Wind und Optimismus bei der internationalen Rüstungsindustrie gesorgt. Auf der noch bis Sonntag dauernden internationalen Luftfahrtschau im englischen Farnborough freut sich die Branche auf steigende Militäraufträge. Die „Friedens-Dividende“ im Zeichen der Ost -West-Entspannung, hieß es unter Ausstellern, werde so geringer ausfallen als noch Anfang des Jahres von vielen erwartet. Rechtfertigte bislang die Ost-West-Bedrohung den Ausbau der Waffenarsenale, so gewinnt in der Branche nun der Nord-Süd-Konflikt als Begründung an Bedeutung.

Nach der irakischen Aggression am Golf fühlen sich vor allem kleinere Länder verwundbar. Die in Farnborough seit dem letzten Sonntag ausstellende Luftfahrtindustrie hofft nun, daß die militärischen Exportmärkte außerhalb Europas erhalten bleiben. „Wir sind zuversichtlich, daß Flugzeuge und Raketen wieder verstärkt geordert werden“, meinte ein Verantwortlicher bei der Society of British Aerospace Companies, die im zweijährigen Turnus die Farnborough Airshow organisiert.

1988, während der letzten Veranstaltung in Farnborough, gingen bei der Industrie Bestellungen in Höhe von 3 Milliarden Pfund (etwa 9 Mrd. DM) ein, je zur Hälfte aus dem zivilen und militärischen Bereich. Anfang 1990 noch rechneten viele Unternehmen wegen der weltweiten Abrüstungsdiskussion mit einem Rückgang bei den militärischen Aufträgen, der den raschen und schwierigen Ausbau des zivilen Standbeins erfordert hätte. Die Krise am Golf sorgte jedoch für viele für eine Wende.

Die britische Luft- und Raumfahrtindustrie, nach der USA und der UdSSR mit 200.000 Beschäftigten und Milliardenumsätzen international an dritter Stelle, rechnet bis zum Jahr 2000 weltweit mit einem Bedarf an Flugzeugen, Satelliten und Lenkwaffen im Wert von 1,3 Billionen Pfund. Weitere Impulse erwartet die Branche künftig im Geschäft mit osteuropäischen Partnern und der Sowjetunion. Dabei sind Kooperationen nicht auszuschließen. „Wir können auch noch von russischen Triebwerkbauern lernen“, erklärte Arthur E. Wegner, beim US-Konzern United Technologies Corporation (UTC) für die Bereiche Luftfahrt und Verteidigung verantwortlich. Auch bei Hubschraubern sieht Wegner Gemeinsamkeiten in der Entwicklung der UdSSR-Industrie und der UTC-Tochter Sikorsky, an die man anknüpfen könne. In Farnborough ist die USA mit 77 Firmen vertreten, mit der Präsenz von 55 Unternehmen demonstriert die französische Industrie ihre Stärke. Italien wird in diesem Jahr von 29 Firmen repräsentiert. Für die BRD ist die Deutsche Aerospace dabei.

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