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Fremdes Territorium besetzt

Vom mühsamen Versuch, Arbeiterheime zu persönlichen Orten umzuformen, erzählt die Fotoausstellung „Women in private space“ des Südafrikaners Zwelethu Mthethwa

von HAJO SCHIFFF

Rot die Wand, weiß die Decke und blau das Laken: Die Frau sitzt genau in der Mitte des Bildes wie vor einem flaggenartig aufgeteilten Porträthintergrund. Auch die Frau mit rotem T-Shirt, die sich an eine blassgrüne Raumecke anlehnt und vor sich eine gestrickte Decke mit genau auf sie zulaufenden knallbunten Streifen liegen hat, wirkt auf den ersten Blick wie gemalt.

In den Bezügen auf Sichtweisen europäischer Genre-Kunst wirken die Fotos von Zwelethu Mthethwa sehr artifiziell, obwohl ihr Thema eher privat ist: Women in private Space heißt die Serie des südafrikanischen Fotografen in der zweiten Ausstellung, die die Galerie Hengevoss-Dürkop dem 1960 in Durban, Kwazulu Natal, Geborenen ausrichtet.

Die Bilder zeigen die Frauen in der kargen Umgebung der „Hostels“, der Arbeiterheime, in die die Männer seit Ende der Apartheid auch ihre Frauen mitnehmen können. Obwohl die Räume schon länger von denselben Personen bewohnt werden, haftet ihnen doch etwas Anonymes an, wobei etwa eine Wand mit angeklebten Photos wirkt, als ob hier fremdes Territorium mit eindeutig Persönlichem besetzt werden sollte.

Zwelethu Methetwa macht seine Fotos nur mit natürlichem Licht, auch wenn er manchmal wochenlang auf gute Ausleuchtung warten muss und für das endgültige Bild mehrfache Besuche in den Townships notwendig sind. Dem Fotokünstler ist es zudem äußerst wichtig, die vom Land in die Stadt gekommenen Wanderarbeiter und ihr Umfeld nicht voyeuristisch, sondern würdevoll darzustellen.

Die Karriere Mthethwas ist eindrucksvoll: Noch unter der Apartheid hat er 1985 sein Kunstdiplom an der Michaelis School in Kapstadt gemacht, dann am Rochester Institute of Technology auch einen US-amerikanischen Master of Fine Arts. Seit 1994 lehrte er an seiner alten Kunstschule in Kapstadt, heute lebt er dort als freier Künstler, der weltweit Ausstellungen hat. Eigentlich wurde in gewissen Kreisen auch erwartet, dass Okwui Enwezor ihn zur Documenta 11 einladen würde, treffen sich doch in diesen Fotobildern afrikanische Traditionen mit überaus internationalen Sichtweisen.

Denn in Europa teils als Dokumentation, teils als reine Kunst ohne den sozialen Hintergrund betrachtet, haben Zwelethu Mthethwas Fotos auch einen spezifisch afrikanischen Kontext: Es gibt in Afrika eine weitaus länger als bei uns erhaltene Tradition der Studiofotografie. Denn zu wichtigen Ereignissen im Leben gehört dort noch immer ein Besuch beim Fotografen. Dort kann dann ein Bildhintergrund ausgesucht werden, Stoffe und Teppiche wie bei Seydou Keita oder gar gemalte Kulissen, wie bei Philip Kwame Apagya, um zwei Fotografen zu nennen, die in den letzten Jahren auch durch europäische Ausstellungen bekannt wurden.

Wenn Zwelethu Mthethwa solche Traditionen umdreht und seinerseits in die Wohnungen und Unterkünfte der einfachen Menschen geht, wirkt selbst der reale Lebensraum wie inszeniert. Da es sich nicht um Schnappschüsse handelt, ist unmittelbar evident, dass dieser Umraum aus Anlass des Besuchs des Fotografen besonders arrangiert wurde. Auch die Frauen selbst posieren: Sie spielen auf zurückhaltende Art eine Rolle, deren Zweck es ist, gegenüber einem möglichen Betrachter bestehen zu können.

Obwohl es sich dabei primär um die Kunst des Fotografen handelt, erhalten die Fotografierten einen Abzug ihres Bildes: Die reine Studiofunktion wird also tatsächlich erfüllt, bevor anschließend der Kunstbetrieb bedient wird. Auf die Art wird die – für Zwelethu Mthetwa so wichtige – Würde der Dargestellten auch im Verhältnis von Künstler und Modell gewahrt.

Zwelethu Mthethwa – Women in private Space, Galerie Hengevoss-Dürkop im Galeriehaus, Klosterwall 13, Mi–Fr 14–19, Sa 13–17 Uhr, noch bis 5. September

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