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Frauenversammlung mit Tabu

■ Organisationen fordern Frauensenatorin / Tabu: Gleichstellungsstelle

Ein „Frauenressort mit Federführung für alle Frauenfragen“ forderten einhellig rund 35 Vertreterinnen von Bremer Frauenorganisationen und Projekten im DGB- Haus. Sie einigten sich darauf, die Ressortkombination „Frauen und Arbeit“ zu verlangen. Um zu verhindern, daß das neue Ressort auf Kosten bestehender Frauenprojekte eingerichtet wird, heißt es in ihrer gemeinsamen Erklärung: „Die Politik muß die Frauenprojekte sichern, indem zusätzlich für jedes Fachressort ein eigener Frauenetat vorgesehen ist.“ Auch wollen die Vertreterinnen verhindert wissen, daß andere Ressorts ihre zarten frauenpolitischen Ansätze an das neue Frauenressort dankbar abgeben.

Weibliche Personalfragen wurden tunlichst vermieden. Da aber im Raum stand, daß Bürgermeister Klaus Wedemeier die Umweltsenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte zur Frauensenatorin umwidmen will, ohne daß die bisher durch frauenpolitisches Engagement aufgefallen ist, einigte sich die Versammlung auf die diplomatische Formulierung: „Das (der Aufbau des Frauenressorts) kann nur von Frauen geleistet werden, die frauenpolitisch ausgewiesen sind.“

Ein noch größeres Tabu war die Zukunft der umstrittenen Gleichstellungsstelle. Denn deren Leiterin, die Landesfrauenbeauftrage Ursula Kerstein, und eine ihrer beiden Stellvertreterinnen, die Juristin Brigitte Melinkat, wollen, daß die Gleichstellungsstelle an einflußreicher Stelle in das Ressort Frauen und Arbeit integriert wird. In einem internen Papier, von Urusla Kerstein unterzeichnet und voll des Eigenlobes, heißt es: „Eine solche Lösung würde die Kontinuität der bisherigen Unabhängigkeit der Frauenpolitik wahren.“

Das sehen selbst Sozialdemokratinnnen anders. Hinter dem Rücken gilt die Zentralstelle als zahm, „senatstreu.“ Die Grünen hatten in den Koalitionsverhandlungen gefordert, die Zentralstelle neben dem Frauenressort abgespeckt bestehen zu lassen. Doch nur die FDP-Abgeordnete Annegret Pautzke sprach auf der Veranstaltung das heikle Wort „Gleichstellungsstelle“ aus: „Ich bin unzufrieden damit, daß man solche Kräfte wie Frau Kerstein in die Wüste schickt.“

Doch der Streit um die Gleichstellungsstelle sollte nicht offen ausgetragen werden, zumal Brigitte Melinkat im Raum saß. Erst nach der Veranstaltung wurde die mögliche Personalkombination Lemke-Schulte/Kerstein beredet: „Dann geht das ganze Ressort in die Hose“, sagte eine, die sich vorher an das stillschweigende Tabu gehalten hatte. B.D.

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