: Frauensenatorin unlustig
■ Landgericht: Sex-Shop darf nicht an der Fassade des Bremer Frauensenators werben
Aufatmen bei der Frauensenatorin: Sabine Uhl kann schon bald wieder mit offenen Augen ins Büro gehen, ungetrübt vom Schmutz und Schund, der zur Zeit noch an der Fassade ihres Senatoriums prangt. Gestern wurde beim Landgericht über die Leuchtreklame des „World Sex“-Ladens aus der Nachbarschaft verhandelt. Tenor: Die Weltkugel mit Schriftzug und einem dicken Hinweispfeil auf den Laden muß weg, denn das sei gerade einer Frauensenatorin und ihren MitarbeiterInnen in der zentralen Lage nicht zuzumuten. Pech für den Sexshop-Besitzer: Der muß sich jetzt mit der Deutschen Städtereklame herumschlagen, die ihm die Fläche vermietet hat, übrigens mit Genehmigung des Bauamts. Immerhin hat der Mann gut 40.000 Mark investiert.
Der Ärger begann im Mai dieses Jahres: Da rückten Monteure der Uhlschen Fassade zu Leibe, um die Werbung anzubringen. Und die war nicht gerade bescheiden. Sieben Meter groß sollte sie auf Bremen herableuchten. Und das war schon die abgespeckte Version. Ursprünglich waren stramme elf Meter geplant, aber das hatte das Bauamt nicht genehmigen wollen.
Die Monteure montierten. Und die MitarbeiterInnen der Senatorin wollten ihren Augen kaum trauen. Sowas, das ginge doch wohl zu weit, fanden sie. Eine Aufregung herrschte da plötzlich im Hause Uhl und eine Geschäftigkeit, die dann schließlich beim Juristen endete. Der faßte den Unmut in wohlgesetzte Worte, das Gericht gab ihm vorläufig recht: Auf Gerichtsdeutsch hieß das „Einstweilige Verfügung“, für die Monteure hieß das „vorgezogener Feierabend“. Die Leuchtreklame blieb unvollendet, und das Licht durfte auch nicht angemacht werden.
Seitdem erfüllt Sabine Uhl komplett ihre senatorischen Pflichten: Als Frauensenatorin kämpft sie gegen den Schmuddel an der Fassade, und als Arbeitssenatorin schafft sie Beschäftigung, für Juristen. Die beschäftigen sich seitdem mit dem leidigen Thema, mit wechselnden Argumentationen. Zuerst hatte der Uhl-Anwalt lang und breit gegen die Verträge zwischen Sex-Shop und Städtereklame und Bauamt anargumentiert: Das sei alles von vornhereien nicht rechtens gewesen. Aber dann kam das Gericht: Das mit den Verträgen sei einwandfrei, nur nach Abwägung aller Umstände müsse man doch zu dem Schluß kommen, daß die Werbung den MitarbeiterInnen nicht zumutbar sei. Wo Sex-Shop drin ist, darf noch lange nicht Sex-Shop draufstehen. Wenn das Haus anderweitig genutzt wäre oder am Hafen stünde, ja dann sei das möglich, meinte der Richter. Aber gerade bei der Frauensenatorin: „Das ist ja wie Zigarettenwerbung am Hauptgesundheitsamt, das würde auch niemand genehmigen.“ Daß die MitarbeiterInnen sowieso an den Auslagen von gleich zwei Sex-Shops vorbeimüssen, das spiele keine Rolle. In drei Wochen wird das Urteil verkündet, aber der Ausgang war gestern schon klar: Sauber und rein soll die Fassade sein. Im Übrigen: Seit Jahr und Tag gibt's beim Hauptgesundheitsamt Zigarettenreklame.
Jochen Grabler
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