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„Frauen wollen zehn Jahre jünger sein“

■ Volker Nickel ist Geschäftsführer beim Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft

taz: Erstmals tauchen in Westdeutschland Werbeplakate für den 8. März an Blumen- und Schokoladenläden auf. Wann entdeckt die Reklame solch einen Tag?

Nickel: Ist mir noch gar nicht aufgefallen. In der generellen Wirtschaftswerbung spielt dieser Tag gottlob keine Rolle. Ich halte den Weltfrauentag ohnehin für ein Armutszeugnis. Wenn es wirklich darum geht, die Gleichstellung der Frau in der Gesellschaft zu diskutieren, dann gehört das jeden Tag in die Öffentlichkeit.

Ich habe aber Verständnis dafür, daß Einzelhandelsgeschäfte diesen Tag bei der gegenwärtigen Konsumschwäche benutzen. Es gibt ja auch viel schlechtes Gewissen. Das ist wohl der Antriebsmotor dafür, daß man zumindestens einmal im Jahr danke schön sagt. Was für eine schwache Leistung!

Sie reden, als ob sie eine Lanze brechen wollen für Frauenpolitik. Aber Frauen werden in der Werbung oft immer noch als dummes Heimchen mit dem Waschpulver oder blonde Sexbiene dargestellt.

Das ist definitiv falsch. Wer sich Wirtschaftswerbung anguckt und die sozialwissenschaftlichen Untersuchungen nachliest, kommt zu einem anderen Ergebnis. Werbung spiegelt gesellschaftliche Wünsche, Ideen und Realitäten wider. Das Frauenbild in der Werbung hat sich mit der gottlob vollzogenen gesellschaftlichen Entwicklung auch geändert.

Ich will aber ein Beispiel nennen: Wenn sich ein Anbieter von Wasch- oder Reinigungsmitteln im Haushalt an diejenige Gruppe wendet, die sie – Gott sei's geklagt – verwendet und kauft, nämlich zu 98 Prozent Frauen, dann ist es aus betriebswirtschaftlicher Sicht logisch, mit Frauen zu werben. Zu beklagen und gesellschaftspolitisch zu diskutieren ist allerdings, daß die Männer zum größten Teil im Haushalt nicht mit zupacken.

Kaufen Sie denn Waschpulver?

Ja. Ich bin sehr aktiv im Haushalt. Meine Frau und ich sind beide berufstätig. Wir teilen uns die Hausarbeit.

Wie erklären Sie sich, daß dicke und alte Frauen in der Werbung so gut wie nicht vorkommen?

Natürlich kommen dicke Frauen vor; da muß man nur mal hinschauen. Aber Frauen wollen nicht mit dem Alter konfrontiert werden – Männer übrigens auch nicht. Viele sozialwissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Frauen wollen zehn Jahre jünger angesprochen werden. Das Positivbeispiel prägt die Werbung, weil die Umworbenen so umworben werden wollen. Ich seh' daran auch gar nichts Schlimmes. Interview: Annette Jensen

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