: Frauen im Bilde: Porträts aus der Bremeer Kunsthalle - und die Geschichten dahinter
Lissy Susemihl-Gildemeister, gemalt von der Bremer Künstlerin Amalie Murtfeld (ohne Datum)
Die Auskünfte über Lissy Susemihl sind noch im Kunsthallen-Katalog von 1977 recht knapp gehalten: Die Porträtierte „arbeitete in der Frauenrechtsbewegung und war eine der Mitbegründerinen des Bremer Frauenclubs von 1908“. Das klingt ziemlich kämpferisch. Das Bild relativiert sich ein wenig, wenn man den Recherchen der „feministischen Geschichtswerkstatt“ folgt. Als Tochter aus gutem Hause – Papa war der Bürgermeister Otto Gildemeister – bekam sie eine entsprechende Erziehung. Zu ihren Publikationen gehörten Aufsätze in den Bremer Nachrichten, „die ihre konservative Werthaltung bekunden“. Im Frauenclub organisierte sie ein reichhaltiges Bildungsangebot aus Vorlesungen, Vorträgen und Konzerten. Im Ersten Weltkrieg stellten sich die Klubdamen ganz in den „Dienst am Vaterland“. Pazifistinnen wurden als „vaterlandslos“ verschrien. Dann entdeckte Susemihl ihr Herz für Hausfrauen. Im Bremer Hausfrauenverein (1915 gegründet) preist und fördert sie die Hausfrau als „Wahrerin und Verwalterin eines großen Teiles des Nationalvermögens“ - und als „Schützerin der Familie“.
Sylvette David, gemalt von Pablo Picasso (1954)
„Im Frühjahr 1953 wurde Pablos Aufmerksamkeit durch zwei junge Gesichter erregt, die er in einer alten Töpferei gegenüber seinem Atelier beobachten konnte. Sie gehörten einem Mädchen namens Sylvette David und ihrem Verlobten, einem jungen Engländer, der ausgefallene Stühle entwarf und anfertigte“ - so erzählt Francoise Gilot die Geschichte in „Leben mit Picasso“. Fast immer wird über Sylvette aus der Picasso-Perspektive erzählt: Wie angetan er von der 19jährigen war, daß sie für den Meister „die Inkarnataion seiner Vorstellung von nordischer Schönheit“ darstellte. Picasso malte und zeichnete sie reihenweise: Es gibt eher kubistische Sylvettes und streng naturalistische. Zwischen April und Juni 1954 entstehen über 40 Porträts. Sylvette stellte für Picasso einen neuen Frauentyp dar: Der selbstbewußte „Teenager „löste die Vorstellung vom braven „Backfisch“ ab. Immerhin: Nach zahllosen Sitzungen in Picassos Atelier schenkte der Künstler seinem Modell eines der Bilder. Mit Erlaubnis des Meisters verkauft sie ihr Bild gleich wieder - um ihren Verlobten zu heiraten und mit ihm einen Hausstand zu gründen.
Elisabeth-Felicite Mole-Raymond, gemalt von Elisabeth Vigee-Lebrun (um 1786)
Kaum etwas ist bekannt über die Frau, die mindestens zweimal für Vigee-Lebrun Porträt saß - umso mehr über die Künstlerin selbst. Die Porträtierte (sie lebte 1759 bis 1833), war Schauspielerin und Mitglied der Comedie Francaise - als solche ist sie der in allen Kultur- und Gesellschaftskreisen bewanderten Künstlerin wohl begegnet. Vigee-Lebrun erwähnt in ihren Erinnerungen („Der Schönheit Malerin“) lediglich den Ehemann Mole: „ein großer Schauspieler“, der „Anmut und Würde besaß“, „ein Mensch vortrefflicher Lebensart“ - und gelegentlicher Gast der ausgreifenden Salons, zu denen die Künstlerin Pariser Kunst- und Adelskreise einlud. Vigee-Lebrun selbst hat eine der erstaunlichsten Künstlerinnen-Karrieren des 18. Jahrhunderts gemacht. 1755 in Paris geboren, galt sie schon mit 15 Jahren als professionelle Porträtmalerin. Sie wurde die favorisierte Hofmalerin Marie-Antoinettes. Als überzeugte Monarchistin floh sie im Oktober 1789 ins Exil nach Italien. Ihr Bildnis der Mole-Raymond hängt, zusammen mit anderen Zeugnissen dieser Zeit, im „Revolutionssaal“ der Kunsthalle.
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