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Frauen haben kaum Chancen

■ Tendenz der Arbeitslosigkeit in Ost-Berlin steigend/ Frauen besonders betroffen/ ABM-Maßnahmen werden von den Betroffenen kaum genutzt

Ost-Berlin. Die Zahl der Arbeitslosen in Ost-Berlin steigt und steigt: Wie der Chef des Arbeitsamtes 2 für die Bezirke Prenzlauer Berg, Pankow und Weißensee, Gerhard Rosenkranz, gestern mitteilte, stieg die Zahl der Arbeitslosen im Oktober um 9.437 auf insgesamt 53.022. Allein in seinem Bereich, so Rosenkranz, sei die Zahl derer, die als arbeitslos gemeldet sind, auf 12.816 gestiegen — im September waren es noch 11.322. Besonders auffällig an den Zahlen ist der hohe Anteil von arbeitslosen Frauen, er beträgt 51 Prozent. Sie sind es auch, die die geringsten Chancen bei der Vermittlung neuer Arbeitsplätze haben — lediglich 18,7 Prozent aller neuvermittelten Stellen gingen an Frauen. Der Grund dafür liegt laut Rosenkranz vor allem darin, daß offene Stellen vorzugsweise in sogenannten »männertypischen« Berufen im Bau- und Verkehrswesen sowie in der Lagerverwaltung und -bewirtschaftung zur Verfügung stünden. Gerade unter diesem Gesichtspunkt sei es erwähnenswert, erklärte der Arbeitsamtschef weiter, daß sich unter denjenigen, die sich zu einer Umund Weiterbildungsmaßnahme entschlossen hätten, ein besonders hoher Anteil von Frauen befinde. Rosenkranz: »An der Aktivität der Frauen könnten sich die Männer ein Beispiel nehmen.«

Überhaupt, so erklärte Rosenkranz weiter, sei die Bereitschaft, die vielfältigen Angebote seines Amtes zu nutzen, bei den Betroffenen noch viel zuwenig ausgeprägt. Während es einerseits immer mehr Arbeitslose gebe, würden die vom Arbeitsamt angebotenen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) noch immer nicht in ausreichendem Maße angenommen. Das liege wohl vor allem daran, daß die soziale Akzeptanz solcher Maßnahmen offensichtlich nicht sehr groß sei. Dabei handele es sich »nicht um Arbeiten wie den Wald fegen oder irgendwo einen Wanderweg anlegen«, vielmehr seien durch ABM viele qualifizierte Arbeiten möglich. Die Spanne der in diesen Maßnahmen auszuübenden Berufe reiche dabei von Architekten, Buchbindern, Biologen und Chemikern bis hin zu Malern, Sportlehrern, Sozialpädagogen und Heizungsingenieuren.

Den ABM-Teilnehmern würden »einhundert Prozent des ortsüblichen Tariflohnes« gezahlt werden, eine feste Übernahme sei in vielen Fällen möglich. Auch ist nach der Meinung von Gerhard Rosenkranz viel zuwenig bekannt, daß Teilnehmer an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sich einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erwerben beziehungsweise der Anspruch sich entsprechend verlängert. Die ist besonders für jene Bevölkerungsgruppen wichtig, die beispielsweise als Freiberufler bisher keinen Anspruch auf eine Arbeitslosenvergütung haben. Nach Beendigung der »Maßnahme« erhalten auch sie eine entsprechendes Arbeitslosengeld. Olaf Kampmann

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