: Frankreichs Fischer fangen Balladur
■ Erste Zugeständnisse der EU-Kommission
Rennes (dpa) – Edouard Balladurs Besuch ging in Tränengaswolken unter. Etwa 5.000 empörte Fischer empfingen den französischen Premierminister in der Bretagne. Stundenlang tobte eine Straßenschlacht in der Provinzstadt Rennes, mindestens 23 Verletzte wurden in Krankenhäuser eingeliefert.
Der Protest gegen die nach Ansicht der französischen Fischer viel zu billigen Fischimporte hat gestern aber auch zu einem ersten Erfolg geführt. Frankreichs Landwirtschafts- und Fischereiminister fuhr eiligst nach Brüssel und beschwor die Europäische Kommission um Zugeständnisse an die Forderungen der demonstrierenden Fischer. Sie wurden ihm gewährt. Der Minister erklärte, daß jetzt „mit sofortiger Wirkung wieder Mindestpreise für bestimmte Fischsorten eingeführt“ werden könnten.
Ein klarer Verstoß gegen alle Reformversuche der EU-Agrarpolitik, die mit ihren Garantiepreisen bisher auch zur Überfischung der Meere beigetragen hat. Schlechtwetterperioden und sinkender Konsum im Inland treiben die französischen Fischer jedoch zur Verzweiflung. Die bisherigen Versprechen der Regierung, die die indirekten Hilfen in Höhe von umgerechnet 85,7 Millionen Mark gewähren und den Fischimport schärfer kontrollieren will, haben die Wut nicht besänftigen können. Wie schon am Mittwoch stürmten auch gestern Demonstranten wieder Supermärkte und räumten Kühltruhen mit Importfisch leer. Aus Solidarität mit ihren Kollegen am Atlantik fuhren auch die meisten der 2.800 Fischer am Mittelmeer nicht zum Fang aus.
Die britische Regierung verurteilte unterdessen die gewalttätigen Proteste von „Baseballschläger schwingenden französischen Fischern“ gegen britische Fischimporte. Der für Fischereifragen zuständige Staatssekretär Michael Jack bezeichnete dieses Verhalten als „völlig unakzeptabel“. Damit könnten die Probleme der europäischen Fischindustrie nicht gelöst werden. Seite 6, Kommentar Seite 10
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