: Frankreich interveniert auf den Komoren
■ Französische Soldaten kämpfen in der einstigen Kolonie gegen putschende französische Söldner / Putschist Denard will sich stellen
Paris (taz) – Mit einer Militärinvasion hat Frankreich gestern den Putsch auf dem Inselstaat der Komoren beendet. Im Morgengrauen landeten rund 600 Soldaten auf der Inselgruppe zwischen der ostafrikanischen Küste und Madagaskar. Sie hatten schon seit Montag auf Kriegsschiffen vor den Gestaden des Inselstaates gekreuzt. Sie stießen zunächst auf den Widerstand komorischer Soldaten, dann auf den der putschistischen Söldner, die ihrerseits von einem Franzosen befehligt werden. Mindestens zwei Personen sollen dabei ums Leben gekommen sein, mehrere wurden verletzt.
Bereits gegen Mittag erklärte Putschistenchef Bob Denard, die Kampfhandlungen seien beendet und er verhandele nunmehr mit französischen Militärs. In Paris erklärte Außenminister Hervé de Charette, seine Regierung habe „entsprechend internationalen Verträgen“ gehandelt, und versicherte, daß Frankreich nicht die Absicht habe, sich in die inneren Angelegenheiten der islamischen Bundesrepublik der Komoren einzumischen. Hauptziel des Eingriffs sei es, den Putschistenchef Denard gefangenzunehmen und vor ein französischen Gericht zu stellen.
Der vor den Putschisten in die französische Botschaft geflüchtete Ministerpräsident Mohamed Caabi el Yachourtu hatte Frankreich bereits vor Tagen um Hilfe gerufen. Die von ihm in seinem Versteck konstituierte neue „Regierung der nationalen Einheit“ wurde gestern von Paris anerkannt. „Sie steht auf breiter Basis und enthält die wichtigsten politischen Kräfte des Landes“, erklärte das Pariser Außenministerium, dessen Chef die internationale Gemeinschaft aufforderte, es Frankreich gleichzutun. Auch die nach dem Putsch von vergangenen Donnerstag suspendierte Wirtschaftshilfe an die Komoren soll wiederaufgenommen werden.
Noch vor wenigen Tagen hatte Frankreichs Regierungschef Alain Juppé versichert, es werde kein militärisches Eingreifen auf den Komoren geben. Gleichzeitig allerdings war die französische Basis auf Mayotte in Alarmzustand versetzt worden. Die südliche Insel war 1975 nicht mit dem Rest des komorischen Archipels unabhängig geworden, sondern hatte den Status eines französischen Departements bekommen. 17mal war es seither zu Umstürzen oder Putschversuchen gekommen – allein dreimal war Denard daran beteiligt.
Vielleicht war es diese Gewöhnung an besondere Umstände, die dafür sorgte, daß auf den Komoren trotz des Putsches vom Donnerstag vergangener Woche das Alltagsleben unverändert weitergegangen war. Die Märkte schlossen überhaupt nicht. Komorer äußerten gegenüber französischen Journalisten, die gestürzte Regierung sei korrupt gewesen und habe nicht entsprechend den Interessen der Bevölkerung gehandelt. Allerdings hätten die Putschisten wohl eher im „ausländischen als im nationalen Interesse“ gehandelt.
Nach Berichten der französischen Zeitung Libération hatten die Putschisten vorab versucht, im Umfeld des französischen Präsidenten Jacques Chirac Unterstützung für ihr Vorhaben zu bekommen. Ihre Gesprächswünsche wurden jedoch genauso ignoriert wie die militärischen Vorbereitungen für den Staatsstreich. Nach derselben Quelle soll der marokkanische König Hassan II., enger Verbündeter Frankreichs, finanziell an dem Putsch beteiligt gewesen sein.
Den internationalen Haftbefehl, den die französische Regierung in den vergangenen Tagen gegen ihn erwirkte, bezeichnete Denard gestern mittag in einem Telefoninterview mit dem französischen Fernsehen als völlig überflüssig. „Ich bin stolz, ein Franzose zu sein, und ich werde mich freiwillig der Justiz stellen“, erklärte er. Das letzte Mal, als Denard Anfang der 90er Jahre mit der französischen Justiz zu tun hatte, kam er mit zwei Monaten Untersuchungshaft glimpflich davon. Die grauen Eminenzen der französischen Afrikapolitik, unter anderem der heute über 80jährige einstige De- Gaulle-Berater Jacques Foccart, waren für Denard in den Zeugenstand gegangen. Das Ergebnis: Bob Denard hat Frankreich nie geschadet. Dorothea Hahn
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