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Frankreich: Dritter Wahlgang

■ Mitterrand löste Nationalversammlung auf / Neuwahlen im Juni / Angeblicher Grund: Das vorläufige Scheitern der Öffnung zur Mitte / Scharfe Kritik von der Rechten / Mauroy neuer Chef der Sozialisten

Paris (afp) - Frankreichs Wahlsieger Mitterrand hat sein Volk schon wieder in den Wahlkampf geschickt. Eine Woche nach seiner erfolgreichen Verteidigung des Präsidentenstuhls löste der sozialistische Staatschef am Samstag die Nationalversammlung auf. Die Neuwahlen für das Parlament legte er auf den frühestmöglichen Termin, den 5. und 12. Juni, fest. Seine Entscheidung begründete Mitterrand in einer dreiminütigen Ferseherklärung mit der Weigerung der Rechten auf die von ihm angestrebte „Öffnung“ einzugehen. Mitterrand erklärte, er „bedauere“, daß die anvisierten Partner der Mitte auf sein Angebot nicht eingegangen seien: Premierminister Michel Rocard habe ihm erklärt, daß er mit seiner Regierung nicht den für effiziente Arbeit notwendigen Rückhalt im Parlament finde. Der von Mitterrand zum Regierungschef ernannte Reformsozialist hatte schon am Freitag abend nach seiner ersten Kabinettssitzung für die Auflösung der Nationalversammlung plädiert. Gleich wie das Ergebnis von Neuwahlen aussehe, „die Regierung von morgen wäre nicht die von heute“, sagte Rocard. Die Öffnung zur Mitte bleibe auch bei einer sozialistischen Mehrheit langfristiges Ziel. Die von Rocard am Donnerstag vorgestellte Ministerriege wird von Mitterrand nahestehenden Sozialisten beherrscht, die alle Schlüsselposten besetzen. Prominente Angehörige des bürgerlichen Lagers fehlen im Kabinett Rocard völlig. Im rechten Lager stieß die Entscheidung Mitterrands besonders wegen des frühzeitigen Wahltermins auf Kritik, der den Parteien nur wenig Zeit läßt. Der Chef der gaullistischen RPR, Jacques Chi rac, rief die liberal–zentristische Allianz UDF noch am Samstag abend zur „Kandidatur der Einheit“ in den einzelnen Wahlkreisen auf. Eine Einigung mit der rechtsextremen Nationalen Front von Jean–Marie Le Pen lehnte er auf „nationaler Ebene“ ab, womit er erkennen ließ, daß Absprachen im lokalen Bereich möglich seien. Le Pen hatte sofort eine „Einheitsfront“ aller gegen die Sozialisten gerichteten rechten Kräfte gefordert. Die liberale PR, die größte UDF–Partei, warf Mitterrand vor, den Wunsch zur Öffnung und seine erklärte Bereitschaft zur parteiübergreifenden „Sammlung“ der Franzosen nur vorgetäuscht zu haben. Die Sozialisten hingegen bezeichneten die Parlamentsauflösung als „unvermeidlich“. Der neue Parteichef Pierre Mauroy erklärte, sie sei die logische Folge der „Verweigerung und des Zögerns“ der anderen Seite. Mauroy war am Samstag zum neuen Ersten Sekretär der Sozialistischen Partei gewählt worden. Er tritt die Nachfolge von Lionel Jospin an, der seinen Rücktritt von der Parteiführung schon im Februar angekündigt hatte. Der Wahl des sozialdemokratisch orientierten 59jährigen war ein tagelanger interner Machtkampf zwischen seinen Anhängern und den Befürwortern des 41 Jahre alten Laurent Fabius vorausgegangen, der Mauroy 1984 an der Spitze der Regierung abgelöst hatte. Mauroy wurde von seinem Vorgänger Jospin und Rocard unterstützt. Kommentar Seite 4

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